Freitag, 10. Februar 2006

Wochenbericht 009 (29.01.06 bis 08.02.06)

Am Sonntag startete mein dreitägiger Ausflug zum "Salto Angel", dem höchsten Wasserfall der Erde. Wir wurden früh morgens zum Flughafen gefahren, wo wir nach einiger Wartezeit dann in eine kleine, achtplätzige Cessna einsteigen konnten. Leider hatte es an diesem Tag viele Wolken, so dass wir auf dem Flug nach Canaima von der Landschaft ("Gran Sabana") nicht all zu viel zu sehen bekamen. Ausserdem hatte es auch ziemlich heftig gewindet, so dass wir ordentlich durchgeschüttelt wurden. Nach 5/4 Stunden landeten wir dann in "Canaima", welches der Startpunkt für alle Touren zum "Salto Angel" ist. "Canaima" wird von den Nachkommen der Ureinwohner dieser Region, den Penomes-Indianern, bewohnt. 90% der Penomes leben in diesem Dorf vom Tourismus zum "Salto Angel".

Am "Flughafen" lernten wir dann unseren Guide "Jorge" kennen, welcher natürlich ebenfalls ein einheimischer Indianer war. Ein paar Minuten später lernte ich dann auch noch den Rest meiner Reisegruppe für die nächsten drei Tage kennen. Es war ein bunt zusammengewürfelter Haufen allerlei Nationalitäten: Holländer, Franzosen, Tschechen, Slowaken, Kanadier, etc. Im Total waren es 13 Personen. Leider war die Durchmischung des Alters nicht gleich abwechslungsreich, wie die Durchmischung der Nationalitäten. Neun Tourmitglieder waren schon über 60 Jahre alt. Das hat man halt davon, wenn man eine der Hauptsehenswürdigkeiten von Südamerika anschauen geht. (Bild 1: Jorge, unser indianischer Tour-Führer)

Wie auch immer, wir gingen zum "Rio Carrao", wo wir unser Boot bestiegen. Dann stand eine lange Bootsfahrt vor uns. Zuerst folgten wir dem "Rio Carrao" ca. zwei Stunden flussaufwärts, bis wir dann endlich eine wohlverdiente Mittagspause machten. Leider hatte es unterdessen begonnen zu regnen, so dass wir unsere Ponchos auspacken mussten. Ausserdem erklärte uns unser Guide, dass wir von nun an einem kleineren Fluss ("Rio Churum") folgenden würden. Wir müssten auch zahlreiche Stromschnellen passieren. Deshalb musste alles Wertvolle (z.B. Kamaras, etc.) mehr oder weniger wasserdicht verpackt werden. Und unser Guide sollte recht behalten. Wir wurden ziemlich nass auf den restlichen drei Stunden im Boot... ;-) (Bild 2: Ein Touri-Boot auf dem "Rio Carrao")

Schlussendlich erreichten wir dann unser Camp, welches direkte Sicht auf den "Salto Angel" hatte. Wir hatten extremes Wetter-Glück. Eine halbe Stunde vor der Ankunft im Camp hörte es auf zu regnen, und die Wolken verschwanden nach und nach. Der Himmel sollte dann auch bis am nächsten Tag, eine Stunde vor wir nach dem Mittagessen wieder zurückfuhren, mit Ausnahme eines Regenschauers in der Nacht uns gnädig gestimmt sein.

Der "Salto Angel" liegt in der "Gran Sabana" im Nationalpark "Canaima" im Süden von Venezuela. Er ist mit 983 Meter Fallhöhe der höchste Wasserfall der Erde. Er fällt vom Rande des Tafelberges (Tepui) "Auyan Tepui". In der Sprache der einheimischen Pemones heisst der Wasserfall "Körepá Küpö Vena", und der Tepui "Tüpü Auyan", was soviel wie "Montaña del Infierno (Höhlenberg)" bedeutet. Der höchste Punkt des Tepui, welcher oben ein relativ flaches Plateau aufweist, ist ca. 2480 M.ü.M. und hat eine Grundfläche von ca. 700 km2.

Interessant ist in dieser Region, dass das Wasser aller Flüsse eine starke, gelbliche Färbung aufweist. Diese Färbung kommt durch das Tannin zustande, welches durch verschiedene Pflanzen in das Wasser der Flüsse gelangt. Tannine z.B. auch Tee und Wein die dunkle Färbung. Weitere Details kann der Leser ja den beigefügten Links entnehmen. (Bild 3: Durch Tannin gelb gefärbtes Wasser)

Den Rest des Sonntages verbrachten wir im Camp. Da es ein einfaches Camp im Urwald war, gab es natürlich nur Hängematten zum Übernachten. Da ging dann das grosse Wehklagen meiner älteren Reisegenossen los. Wahrscheinlich hatten sie ein Fünf-Stern-Hotel im Jungle erwartet. Wie auch immer, da es im Dschungel auch nicht gross Licht gab, gingen wir schon früh nach dem Nachtessen schlafen. (Bild 4: Hängematten im Camp beim "Salto Angel")

Am nächsten Morgen erwachte ich schon um 05:30, weil die Alten in voller Lautstärke am schwatzen waren. Sie hatten während der ganzen Nacht fast kein Auge schliessen können. Ich hingegen hatte geschlafen wie ein Engel (ich war ja auch in der Nähe der "Angel Falls") ... ;-) Nach ein paar mahnenden Worten waren die Alten dann wieder ein bisschen rücksichtsvoller, und ich nahm noch einmal eine Kappe voll Schlaf.

Nach dem Frühstück machten wir uns dann auf, um den Wasserfall von nahem zu sehen. Nach einer einstündigen Wanderung durch den Jungle, waren ich dann beim Aussichtspunkt zum Wasserfall. Ich hatte den Aussichtspunkt dann eine halbe Stunde für mich alleine, weil die Alten halt eine halbe bis eine Stunde länger brauchten, um den Aussichtspunkt zu erreichen. So nahe an einem so grossen Wasserfall zu stehen war schon sehr eindrücklich, und ich genoss das Naturschauspiel in vollen Zügen... (Bild 5: "Salto Angel")

Nachdem die Alten wieder den Rückmarsch in Angriff genommen hatten, wartete ich wieder eine halbe Stunde, bis ich los marschierte. Schlussendlich war ich dann trotzdem wieder der Erste, der zur Überquerung des Flusses zu Fuss ansetzte. Der Fluss war unterdessen innerhalb von wenigen Stunden so stark zurückgegangen, dass das Boot uns nicht wieder ans andere Ufer bringen konnte. Es blieb also nichts anders übrig, als den den glitschigen Fluss zu Fluss zu überqueren. Teilweise mussten die Alten dann von unseren Führern über den Fluss getragen werden. (Bild 6: Eine alte Kanadierin, welche vom Führer Jorge über den Fluss getragen wird)

Nach dem Mittagessen war dann wieder die Rückfahrt auf dem Fluss nach "Canaima" angesagt. Da es dieses Mal flussabwärts ging, brauchten wir nur noch knapp drei Stunden. Aber auch diese Fahrt war wieder relativ feucht, da es erstens wieder ziemlich stark regnete, und weil die zu passierenden Stromschnellen wieder für ordentlich überschwabende Wellen sorgten... :-)

Abends bezogen wir dann in "Canaima" unsere Zimmer (mit richtigen Betten), was den Alten so zu gefallen schien, dass sie sich um die besten Zimmer stritten... :-(

Am nächsten Tag fuhren wir dann nach dem Frühstück zur Lagunen-Insel "Anatoly", wo wir bis zum Wasserfall "Salto Sapo" wanderten. Das Spezielle an dieses Wasserfall ist, dass man auf einer Länge von ca. 100 m hinter bzw. unter diesem Wasserfall laufen kann. Man wird dabei allerdings tropfnass, so dass das Traversieren nur in Badehosen und Flip-Flop Sinn machte... :-) (Bild 7: Salto Sapo)

Nach dem Mittagessen war dann wieder der Rückflug nach "Ciudad Bolívar" angesagt. Dieses Mal durfte ich sogar auf dem Co-Piloten-Sitz der 6-plätzigen Caesna mitfliegen... :-) Zurück in "Ciudad Bolívar" quartierte ich mich wieder in der gleichen Posada ("Don Carlos") ein, wie vor dem Trip nach "Canaima".


(Panorama-Bild vom Tepui "Auyan" mit dem "Salto Angel")

Der Mittwoch war dann vom nichts tun geprägt. Das einzige, was ich an diesem Tag machte, war ein Billet für den Nachtbus nach "Santa Elena de Uairen" zu kaufen. Nachdem ich mir in der Posada noch ein festliches Abendessen gekocht hatte, machte ich mich mit einem vollen Bauch auf zum Bus-Terminal. Ausnahmsweise pünktlich fuhr der Bus in Richtung "Santa Elena" los. In allen Guidebooks wird man davor gewarnt, dass in Venezuela v.a. die teuren Nachtbuse wegen den Klimaanlagen wie Kühlschränke sind. In den verschiedenen Nachtbusfahrten, welche ich bis anhin in Venezuela gemacht hatte, hatte ich allerdings nie Probleme mit der Kälte gehabt. Ein Pullover hatte es jeweils getan. Nicht aber in diesem Bus. Ich fror mir fast den .... ab. Obwohl verschiedene Buspassagiere beim Buschauffeur reklamierten, wurde die Temperatur nicht erhöht. Der doofe Chauffeur wird sich wahrscheinlich gesagt haben, dass wenn er schon so einen neuen Bus mit einer so toll funktionierende Klimaanlage hat, er die Klimaanlage auch auf vollen Touren laufen lässt. Dass die Passagiere dies nicht so cool fanden, überstieg wahrscheinlich sein beschränktes Auffassungsvermögen. Als ob dies nicht schon genug gewesen wäre, zeigte er auch noch die Filme "Rocky I, II und III". Dies verleitet mich gerade noch zu der Anmerkung, dass die venezuelanischen Busfahrer wahrscheinlich den schlechtesten Filmgeschmack der Erde haben. Auf all meinen Nachtbusfahrten bekam ich nämlich nur Filme von Silvester Stallone, Chuck Norris, Dolph Lundgren und ähnlichen Schauspielverbrechern gezeigt... :-( (Bild 8: Indianerinnen beim Waschen ihrer Kleider in der Lagune von Canaima)

Ich kann dem Leser an dieser Stelle aber versichern, dass die Leidensgeschichte dieser Busfahrt an dieser Stelle noch nicht vorüber war. Als die schrecklichen Filme endlich fertig waren, und sich alle langsam schlafen gelegt hatten, passierten wir eine Militärkontrolle. Diese winkte unseren Bus natürlich hinaus, und alle Passagiere mussten den Bus verlassen. Es hiess dann, dass alle Ausweise und auch alle Gepäckstücke detailliert kontrolliert werden sollten. Aber anstatt dass ein Busangestellter die Gepäckstücke aus dem Gepäckstauraum herausreichte, musste jeder Passagier sein Zeugs selbst zusammen suchen. Man kann sich etwa vorstellen, was dies für in Chaos verursachte. Anschliessend durfte sich dann jeder mit seinem Gepäck in einer Schlange anstellen. Mein Gepäck wurde bis zur Hälfte bis ins kleinste Detail inspiziert. Die zweite Hälfte interessierte dann komischerweise niemanden mehr. Bei der Passkontrolle zeigte ich wieder einmal meine auf 55% verkleinerte, laminierte Farbkopie meines Passes. Der Soldat fragte mich, ob dies mein Originalpass sei. Cool antwortete ich: "Si, claro". Wortlos bekam ich die Passkopie zurück, und durfte wieder in den Bus einsteigen. Depp... ;-) In der gleichen Nacht wurden wir vom Militär noch zwei weitere Male angehalten. Allerdings begnügten sie sich mit einer Passkopie-Kontrolle... ;-) An schlafen war während dieser Nachtbusfahrt leider überhaupt nicht zu denken. (Bild 9: Strasse nach Santa Elena durch die Gran Sabana)

Am nächsten Morgen waren wir dann um 08:00 in "Santa Elena". Nach dem Einquartieren in Hotel "Michelle" und einem ausgiebigen Frühstück machte ich mich an diesem Donnerstagmorgen sogleich auf die Suche nach einem Tourangebot zum Tepui "Roraima". Ich wurde dann bei "Apon Wao" fündig. Es war leider die einzige Agentur, welche für den von mir gewünschten Zeitraum eine Trekkig-Tour zum "Roraima" anbot. Die Agentur war relativ neu auf dem Markt, und bot die Tour im Vergleich zu den etablierten Agenturen zu einem relativ günstigen Preis an. Ich war dann schon ein bisschen gespannt, ob dies gut gehen würde.

Auf jeden Fall hiess es, das wir uns um 09:00 am Freitag bei der Agentur einzufinden hätten. Dort lernte ich dann meine Tour-Genossen und die Tour-Guides kennen. Balbina, eine 49-jährige Indianerin war unsere Führerin und Köchin zugleich. Thomas, ein 30-jähriger Indianer, mit einer längeren Militärkarriere in der venezuelanischen Armee, war der Chef-Träger. Des weiteren kam eine junge, hübsche und vor allem auch sehr charmante Belgierin, Angelique, mit ihrer Mutter Martina mit auf die Tour. Auch zwei Schweizer, Martin (Velomechaniker aus Basel) und seine Berner Cousine Maya waren mit von der Partie. Ausserdem nahmen auch noch ein Brasilianer, Marsius, und meine Wenigkeit den kleinen Abenteuertrip in Angriff.

Nachdem wir unsere Ausrüstung (Zelt, Schlafsack und Iso-Matte) in, an oder auf unseren Rucksäcken montiert hatten, folgte die erste Überraschung. Das von der Agentur angemietete Transportmittel zum Startpunkt unserer Trekking-Tour war von erster Güte. Toto, der Besitzer einer Auto-Tuning-Firma, hatte seinen Toyota-Geländewagen zu einem richtigen Luxusgefährt mit allem Schnickschnack umgebaut (super Federung, Klimaanlage, Ledersitze, DVD-Player, etc.). So kamen wir auf der zweistündigen Fahrt zum Startpunkt in den Genuss des Dokumentarfilmes "The Lost World", welcher über die Geschichte der Tepuis (im Speziellen des Roraima) eine gute Einstimmung für unsere Tour lieferte. (Bild 10: Die Trekking-Gruppe mit Toto's Geländewagen)

Als wir im Indianerdörfchen "Paraitepuy (Püraytüpü) ankamen, gab es zuerst ein Mittagessen, um uns für die bevorstehenden Strapazen zu stärken. Unsere Führerin, Balbina, zauberte dann ein Glas mit einer indianischen Spezialität aus ihrem Rucksack: scharfe Indianer-Sauce mit Termiten. Naja, ich hab schon bessere Saucen probiert... ;-)

Abgesehen von unserem Chef-Träger Thomas, wurde in Paraitepuy noch ein weiterer Indianer angeheuert, welcher die ersten zwei Tage das Essen tragen sollte. Wahnsinn, was diese Träger z.T. für Lasten den Berg hochgetragen haben. Einmal hatte ich einen kleinen, alten Indianer gesehen, welcher in einem simplen Bastgestell die Rucksäcke mit den persönlichen Dingen von vier faulen, englischen Touristen den Berg hoch getragen hat. Wir gehörten natürlich zu den "guten" Touristen, und trugen unsere persönlichen Dinge, sowie auch die Zelte, Schlafsäcke usw., selber den Berg hoch... ;-) "Nur" das Essen und die Kochausrüstung wurde für uns getragen. Wahrscheinlich eine Folge des günstigen Preises... ;-) (Bild 11: Tepui Kukékan)

Während der Trekking-Tour hatte ich natürlich viel Zeit, um zu beobachten, zu analysieren und zu überlegen. Da ich immer gerne wissen möchte, wie Dinge funktionieren, habe ich mir in Anlehnung an die Schach-Hierarchie folgende Hierarchiestruktur der Roraima-Führer- und Trägergemeinschaft zusammen gereimt. Dem zu Folge gibt es folgende fünf Hierarchiestufen:

  1. König bzw. Königin (auch Führer oder Guide genannt)

    Der König bzw. die Königin ist dafür zuständig, das die Gruppe den richtigen Pfad einschlägt. Er/sie erklärt unterwegs interessante Dinge über Pflanzen, Tiere und indianische Bräuche. Er/sie spricht Spanisch und mind. eine weitere Fremdsprache. Er/sie ist ausserdem zuständig für das Kochen. Er/sie kümmert sich auch sonst um die "Problemchen" der Touristen. Zu guter Letzt singt er/sie dann auch noch indianische Schlaflieder, damit die Touristen möglichst früh einschlafen, um am nächsten Tag wieder bei Kräften zu sein. Wir hatten eine Königin, Balbina, und sie hat all das oben aufgeführte ausgezeichnet gemacht. Sie sprachen sogar ein bisschen Deutsch. (Bild 12: Balbina, unsere Führerin auf der Suche nach einem trockenen Plätzchen)

  2. Pferd (auch Chef-Träger genannt)

    Der Chef-Träger begleitet die Gruppe während den gesamten sechs Tagen. Er ist die rechte Hand des Königs bzw. der Königin. Er trägt einen grossen Teil der Lebensmittel, hilft den "schwächeren" Touristen mal beim Zelt tragen oder beim Fluss überqueren, usw. Er hilft dem König bzw. der Königin beim kochen und schaut, dass der Kerosin-Brenner funktioniert bzw. genug Holz für das Lagerfeuer vorhanden ist. Ausserdem gibt er vor dem Schlafen gehen verschiedene Geschichten von seiner Militärzeit, von komischen Touristen (z.B. von zwei schwulen Amis, welche nicht mehr vom Berg hinunter laufen wollten/konnten) oder von komischen Indianerbräuchen (z.B. dass geraspelte Eichhörnchen-Penise besser als Viagra funktionieren würden) zum Besten, so dass auch auf der Trekking-Tour der Spass nicht zu kurz kommt. Unser Chef-Träger hiess Thomas, und auch er hatte seine Sache ausgezeichnet gemacht. (Bild 13: Unser Chef-Träger Thomas im Nebel)

  3. Läufer (auch "Speedy Porters" genannt)

    Die Läufer sind meinstens junge Indianerburschen, welche mit z.T. unmöglichem Schuhwerk (z.B. Fussballschuhe mit Noppen), mit mittelschwerer Last mit einem mörderischen Tempo der Trekking-Gruppe voraus eilen. Sie werden meistens nur während der ersten zwei, drei Tage gebraucht. Anschliessend laufen sie mit dem ersten Abfall wieder zurück. Läufer werden nur bei grossen Trekking-Gruppen benötigt, so dass wir keinen hatten.

  4. Bauer (auch Träger genannt)

    Die Bauern sind meistens Indianer zwischen 30 und 60 Jahre alt. Je nach Gruppengrösse tragen sie z.T. unglaubliche Lasten auf z.T. primitiven Traggestellen den Berg hinauf. Sie laufen der Gruppe im Normalfall in einem langsameren Tempo hinterher. In seltenen Fällen können auch indianische Frauen als "Bäuerinnen" angetroffen werden. Wir hatten nur einen Bauer.

  5. Turm (auch Camp (Campiamento) bzw. Hotel genannt)

    Die Türme sind die sicheren "Häfen", wo die Trekking-Gruppen ihre Zelte aufschlagen können. Unterhalb des Tafelberges "Roraima" sind diese Türme meistens in Ebenen, in der Nähe eines Flusses bzw. eines Baches angesiedelt. Sie weisen ausserdem einen kleinen Unterstand auf, welcher als Küche benutzt werden kann. Wenn man ausserdem Glück hat, weilt dort manchmal auch jeweils ein geschäftstüchtiger Indianer, welcher von ihm angeschlepptes Bier oder Pepsi an die Touristen verkauft. Wir waren im Campiamento "Tukénan" und "Base". Oben auf dem Plateau des Roraima werden die Türme "Hotels" genannt. Dies sind über dem ganzen Plateau verteilte Felsüberhänge, welche für drei bis sechs Zelten einen gewissen Schutz vor Wind und Regen bieten. Wir waren im Hotel "Basilio". (Bild 14: Unser "Hotel Basilio" auf dem Roraima)

So, nun wieder zurück zu unserer Trekking-Tour. Wir liefen also am ersten Tag zum Camp "Tukénan", wo wir unsere erste Nacht im Zelt verbrachten. Unterwegs zeigte uns Balbina immer wieder einmal eine spezielle Pflanze oder ein spezielles Tier. Für alles haben die Indianer eine Verwendung, sei dies eine Baumrinde, um die Zähne sauber zu halten, rohe Termiten als Festmahlvorspeise, etc. Meine Geschmacksnerven im Mund wurden an diesem Tag arg strapaziert... ;-) Bei der Eindämmerung machten wir dann das erste Mal Bekanntschaft mit den "Buriburis", einer extrem lästigen und kleinen Mückenart, welche sehr schnell zusticht und ziemlich stark juckende Stiche zurück lässt... :-(

Am nächsten Tag (Samstag) liefen wir dann zum Camp "Base", wo wir die zweite Nacht verbrachten. Für mich waren diese zwei Tage jeweils ein Spaziergang. Andere hatten da schon ein bisschen mehr Mühe, sei dies mit der Kondition, mit dem Gepäck oder mit dem Schuhwerk gewesen.

Auf jeden Fall standen wir am Abend des zweiten Tages am Fusse des Tepui "Roraima". Vor uns sahen wir die Rampe, welche die Besteigung des Plateau's möglich macht. Ich hatte ein ganz komisches Gefühl, als ich so bei Sonnenuntergang vor diesem Tafelberg stand. Für die Indianer sind diese Tepuis heilige Berge, und bis vor ca. 25 Jahren die ersten Touristen kamen, hatte noch nie ein Indianer einen Fuss auf diese Berge gesetzt. Für mich war es, als würde ich vor einer riesigen Türe stehen. Und am nächsten Tag würde ich an diese Türe klopfen und anschliessend in eine andere, die "verlorene Welt", eintreten. (Bild 15: Rampe zum Roraima)

Am nächsten Tag starteten wir früh. Bei leichtem Regen durchquerten wir dichten Nebelwald, bis wir direkt an der Felswand standen. Danach ging es durch loses Geröll, z.T. unter Wasserfällen hindurch, hinauf zum Plateau. Dank meiner guten Kondition erreichte ich das Plateau als Erster. Es bot sich mir ein Anblick von bizarren, schwarzen Felsformation. Auch schon nach wenigen Minuten entdeckte ich eine erste endemischen Tierart, einen Frosch. (Bild 16: Bizarre Felsformation auf Roraima)

Als dann alle heil angekommen waren, gingen wir zu unserem Hotel "Basilio". Leider war uns das Wetter an diesem Tag nicht so gnädig gestimmt. Aber trotz Regen und Kälte machten sich einige von uns auf, um zu einer Felsformation zu gehen, welche "Jacuzzi" genannt wurde. Dort nahmen wir ein eiskaltes Bad in über Millionen von Jahren geformten Wannen. War herrlich... ;-) (Bild 17: Ich im "Roraima-Jacuzzi")

Am Montag hatten wir dann mehr Glück mit dem Wetter. Bis ca. zwei Uhr Nachmittags hatten wir Sonnenschein, so das wir die Schönheit des Tepui erkunden konnten.

Im allgemeinen kann ich sagen, dass wir in zweierlei Hinsicht extrem viel Glück gehabt haben. Das Wetter auf "Roraima" ist extrem unberechenbar, und es gibt viele Touren, welche während der ganzen Zeit keinen einzigen Sonnenstrahl sehen. So gesehen hatten wir während den ganzen sechs Tagen immer Glück mit dem Wetter, obwohl ich während dieser ganzen Zeit selten trocken waren, sei dies vom Regen, von den Flussüberquerungen, den Wasserfallunterquerungen, dem feuchten Nebel oder vom eigenen Schweiss gewesen. Der zweite Aspekt des Glückes war, dass wir während den ersten vier Tagen nur sehr wenige Touristen antraffen. Während wir auf dem Plateau waren, waren nur sieben weitere Touristen oben. Als wir am fünften Tag dann den Rückweg unter die Füsse nahmen, kam uns u.a. eine 35-köpfige, englische Reisegruppe entgegen. Das hätte dann ganz sicher kein Spass mehr gemacht. (Bild 18: Aussicht vom Tepui Roraima auf den Tepui Kukénan)


(Panorama-Bild vom Tepui Kukénan (links) und dem Tepui Roraima)

Wie schon der Aufstieg war der Rückweg nicht minder anstrengend. Allerdings waren wir natürlich einiges schneller, so dass wir den Rückweg in zwei Tagen schafften. Zurück in Paraitepuy wurden wir dann wieder von Toto und seinem klimatisierten Superschlitten mit einer eisgekühlten Cola erwartet. Das war eine Wohltat... ;-)

Zum Abschluss fuhren wir auf dem Rückweg nach "Santa Elena" noch beim "Quebrada de Jaspe" vorbei, einem kleineren Wasserfall mit einem anschliessenden Flussbett von 3 km Länge, welches aus dem Halbedelstein "Jaspis" besteht. Abends quartierten wir uns alle im gleichen Hotel in "Santa Elena" ein, und verabredeten uns nach einer wohlverdienten Dousche zu einem gemeinsamen, abschliessenden Nachtessen beim Chinesen. (Bild 19: Quebrada de Jaspe)

Morgen (Freitag) ist das Kapitel Venezuela abgeschlossen, und ich mache mich auf in das Herz des brasilianischen Amazonas-Gebietes: Manaus.