Donnerstag, 9. März 2006

Wochenbericht 013 (27.02.06 bis 05.03.06)

Der Carnaval in "Salvador" dauert fast eine ganze Woche. So kam es, dass ich am Montag und Dienstag noch einmal kräftig mitfeiern durfte. Den Montagabend verbrachte ich, nach dem ich den ganzen Tag eigentlich viel unternommen hatte, mit ein paar anderen Touristen noch einmal im Circuito Batatinha (Centro Histórico, siehe auch Wochenbericht 12). Das war dann eher ein gemütlicher Abend, an welchem wieder einmal früh ins Bett gehen angesagt war, um für den letzten Abend noch einmal Kraft zu tanken. (Bild 1: Andy mit einer Carnaval-Puppe auf dem Cruzeiro de São Francisco im Viertel Pelourinho)

Am letzten Abend ging ich dann mit zwei Schweizern und drei Schwedinnen noch einmal zum "Circuito Dodô (Barra - Ondina)" an der Küstenstrasse von Salvador. Da dieser "Circuito" relativ weit von unserem Hostel entfernt war, nahmen wir ein Taxi. Erst als wir uns zu Sechst in dieses gequetscht hatten, und es losgefahren war, bemerkten wir, dass der Taxifahrer ziemlich betrunken war. Er soff sogar während der Fahrt weiter. Da wegen dem Carnaval der Verkehr relativ langsam floss, war es nicht so schlimm. Im Gegenteil, wir wurden während der Fahrt vom Taxifahrer köstlich unterhalten. (Bild 2: Carnaval-Umzug im Centro Histórico)

Als wir dann wohlbehalten beim "Circuito Dodô" ankamen, hatte ich bald schon einmal ein wenig das Gefühl, dass die Leute langsam genug vom Carnaval hatten. Entweder waren sie müde, oder es war ihnen langsam das Geld ausgegangen. Mir kam es auf jeden Fall vor, als wären weniger Leute als sonst in den Strassen. Auch schienen mir die Leute weniger aktiv zu sein, als an den Vortagen. So oder so, es waren aber immer noch genug Leute unterwegs, so dass der Kontakt mit verschwitzten Körpern auch an diesem Abend nicht ausblieb.

Irgendwann an diesem Abend gab es den einzigen Platzregen während des Carnaval. Es war ziemlich amüsant, den Leuten beim Suchen eines Platzes im Trockenen zuzuschauen, da es fast keine Plätze im Trockenen gab... ;-) Nachdem alle vom eigenen Schweiss und vom Platzregen ziemlich feucht waren, kam eines der angeblichen Highlights des Carnaval 2006. "Fatboy Slim" (eine britischer DJ) hatte einen Gastauftritt auf einem "Trioelectrico". Ich fand es ziemlich unpassend, dass "Fatboy Slim" diesen Gastauftritt hatte, denn seine Musik wollte nicht so richtig zum Carnaval passen. Aber vielleicht fand ich es einfach nur unpassend, weil mir die Musik von "Fatboy Slim" nicht gefällt... ;-)

Leider habe ich fast keine Fotos von den Carnaval-Nächten. Während des Carnaval ist die Strassenkriminalität sehr hoch. Vor allem Touristen sind ein beliebtes Opfer. Sobald man in einer engen Menschenmasse ist, werden einem die Hosentaschen nach Wertgegenständen abgetastet. Und hat man was darin, geht es dann nicht mehr lange, bis man es nicht mehr darin hat ... ;-) Das "gefährlichste" aber ist der Nachhauseweg. Findet man in der Nähe des Circuito kein Taxi, muss man eines ein bisschen Abseits des Carnaval-Rummels suchen. Dort ist dann die Chance wiederum relativ gross, dass man von jemandem mit einem Messer ausgenommen wird. Deshalb ist es jeweils nicht so die klügste Idee, eine Digitalkamera mit an den Carnaval zu nehmen. Mir persönlich ist nichts passiert, und auch nichts abhanden gekommen. Ich habe aber zahlreiche Touristen getroffen, welche z.T. bleibende negative Erinnerungen an den Carnaval mit nach Hause nehmen werden (Foto 3: Carnaval beim Circuito Dodô, aufgenommen bei Tag von Omar)

Übrigens: Die beliebtesten Verstecke für die von den Carnaval-Besuchern mitgebrachten Geldscheine sind die Socken bzw. die Schuhe. Falls keine Schuhe getragen werden (und dies ist hier häufig der Fall, weil "Havaianas" (Flip-Flop-Marke) das Nationalschuhwerk zu sein scheint), werden die Geldscheine einfach in die Unterhosen in der Schamgegend gesteckt. Es ist dann allerdings nicht so angenehm, wenn eine verschwitzte Person, welche an einer Kasse vor einem steht, in den Unterhosen nach den passenden Geldscheinen sucht. Noch weniger angenehm ist, wenn man dann genau diese Geldscheine als Wechselgeld zurück erhält, wenn man dann selber an der Kasse bezahlt...

Am Mittwoch war dann Carnaval vorüber. Ich hatte mir ein Busticket für eine sechsstündige Nachtbusfahrt (RealExpresso, 6 h, Abfahrt: 23:00) nach "Lençois" besorgt. Den Tag verbrachte ich mit ausschlafen, packen und einem kleineren Stadtrundgang. "Salvador", eine 2,6-Millionen- Stadt, hat angeblich 365 Kirchen. Man kann also jeden Tag im Jahr in eine andere Kirche gehen. (Bild 4: Igreja NS do Rosiário dos Pretos beim Largo do Pelourinho)

Am Donnerstag um 05:00 kam ich dann in "Lençois" an. Ich traff dort auf drei weitere Schweizer (zwei Zürcher und eine Zürcherin), welche ich teilweise noch vom Carnaval her kannte. Wir suchten zusammen eine Unterkunft und arrangierten auch gerade eine zweitätige Trekking-Tour für Freitag und Samstag durch den naheliegenden Nationalpark "Chapada Diamantina". Weil Lençois relativ viel Touristen anzieht, aber eine relativ schlechte Anbindung ans Busnetz besitzt, gingen wir nach einem kurzen Städtchen-Rundgang direkt zur Busstation. Wir vier Schweizer waren die Nummer 8, 9, 10 und 11 in der Schlange vor dem Schalter. Es dauerte dann zwei Stunden, bis alle ein Busticket hatten. Nicht schlecht, oder? Zwei Stunden, um 11 Bustickets auszustellen! Das ist schon fast rekordverdächtig... (Bild 5: Strasse in Lençois)

Anschliessend machten wir noch einen kleinen Spaziergang entlang des "Rio Lençois", wo es verschiedene, natürlich "Swimming Pools", Wasserfälle, etc. zu besichtigen gab. Irgendwo auf dem Weg kam ein Brasilianer zu mir labberte mir den Kopf voll. Ich erklärte ihm dann, dass ich ihn wegen mangelden Portugisisch-Kenntnissen nicht verstehen würde. Er schaute mich ein bisschen doof an, sagte mir dann - und dies wiederum verstand ich sehr genau -, dass ich gefällig die Landessprache zu erlernen hätte, wenn ich ein fremdes Land bereise... ;-) Das Highlight des Tages war dann das thailändische Abendessen, welches wir in einem kleinen und gemütlichen Restaurant geniessen konnten... Mmmhhhhh... (Bild 6: Natürliche Swimming Pools am Rio Lençois)

Am Freitag fand es unser Guide für nicht nötig, pünktlich zum verabredeten Ort zu erscheinen. Er tauchte mit 3/4-Stunden Verspätung auf. Er hatte noch drei zusätzliche deutsche Touristen und seinen 14-jährigen Sohn dabei. Drei Deutsche und drei Zürcher auf der gleichen Tour, was will man mehr... ;-) Ausserdem hatte er uns am Vortag auch nicht erklärt, was wir alles selber zu tragen hätten. Ich hatte dann ziemliche Mühe, kurzfristig das zusätzliche Zeugs in meinem kleinen Rucksack zu verstauen. (Bild 7: Wilde Orchidee im Nationalpark Chapada Diamantina)

Ich war an diesem Tag ziemlich "verstimmt". Erstens ging mir der Guide ziemlich auf die Nerven. Der hatte ausser Kiffen nicht allzuviel in seinem Rasta-Kopf. Wahrscheinlich war ich halt von meinen vergangenen Touren her einfach ein bisschen verwöhnt, was Guides anbelangt. Zweitens war die Gegend, durch welche wir liefen, nicht gerade wahnsinnig atemberaubend. Und drittens beklagten sich einige meiner Tour-Genossen über die Steigungen und die Distanzen, obwohl wir keine grossen Steigungen und lange Distanzen zurückzulegen hatten. Da fragt man sich dann, wieso die Leute "Trekken" gehen, wenn sie gar nicht laufen wollen. (Bild 8: Unsere Trekking-Gruppe bei einem Rast)

Wie auch immer. Gegen Abend kamen wir dann zu einem schönen Wasserfall mit einem riesigen, natürlichen "Swimming Pool", wo wir ein erfrischendes Bad nehmen konnten. Wenig später erreichten wir dann unser Nachtlager, welches ebenfalls an einem Wasserfall lag. Leider war der Platz mit verschiedenen Trekking-Gruppen völlig überfüllt. Nach einem guten Nachtessen legten wir uns früh schlafen. Ich suchte mir als Nachtlager einen grossen, flachen Stein unter dem klaren Sternenhimmel aus, welcher mir dann die ganze Nacht durch Abstrahlung der Tageshitze den Rücken erwärmte. Es war ein bisschen hart, aber trotzdem ganz angenehm... ;-) (Bild 9: Kleines Wasserloch)

Der Samstag war dann genau nach meinem Geschmack. Wunderschöne Landschaft, viel Steigung und lange Distanzen. Ein paar der Tour-Mitglieder sowie der Guide, welcher schon bei der Zubereitung des Frühstücks fünf "Tüten" geraucht hatte, kamen dabei ein bisschen ins Schnaufen. Gegen Abend passierten wir noch einen kleinen, dafür aber 400 Meter hohen Wasserfall, bevor wir dann in ein kleines Dörfchen kamen, wo ein Jeep für die Rückfahrt auf uns wartete. Zurück in "Lençois" verabschiedete ich mich von allem, weil ich der einzige war, welcher nach "Brasília" weiterreisen wollte. Auf einem Camping-Platz inmitten des Städtchens erhielt ich für wenig Geld einen Platz zwischen zwei Bäumen, wo ich meine Hängematte aufhängen konnte. (Bild 10: Boa am Wegrand / Bild 11: Aussichtspunkt in eine 400 Meter tiefe Schlucht)

Am Sonntag stand grösstenteils die Reise nach "Brasília" auf dem Programm. Nach einemm selbst gekochten Mittagessen ging es mit dem Bus nach "Tanquinho", einem kleinen Nest, welches ausser einer grossen Tankstelle nichts zu bieten hatte. Ich hatte dann das Vergnügen, dass ich als einziger Passagier beim Büro der Busgesellschaft vier Stunden auf meinen "Anschlussbus" nach "Brasília" warten durfte. Naja, ich musste dann halt ein bisschen mit der Angestellten der Busgesellschaft herumflirten, um die Zeit tot zu schlagen. Allerdings war die Flirterei wegen der fehlenden, gemeinsamen Sprache eine relativ holperige Angelegenheit... ;-)

Um 18:30 kam dann mein Bus, und es stand wieder einmal eine 16-stündige Busfahrt an. Über "Brasília", "Ouro Prêto" und die ersten Eindrücke von "Rio de Janeiro" lest ihr dann im nächsten Wochenbericht...