Montag, 26. Juni 2006

Wochenbericht 029 (19.06.06 bis 25.06.06)

Am Montagmorgen hiess es wieder einmal früh aufstehen, denn um 08:00 stand ja dass WM-Spiel "Schweiz" gegen "Togo" auf dem Programm. Nachdem ich mir einen Bananen-Schokoladen- Milch-Shake zusammengemixt hatte, machte ich es mir in der Gemeinschaftsstube des "Casa Hebling" vor dem Fernseher gemütlich. Ich war allerdings nicht der einzige Schweizer, der das Spiel schaute. Dalia aus dem "Wallis" wollte natürlich auch sehen, was unsere National-Boys gegen "Togo" zusammenspielten. War natürlich schon eine starke Sache, dass sie dieses Spiel gewonnen haben, und wahrscheinlich haben wir mit unseren Freudenschreien den einen oder anderen Hotelgast aus seinen Träumen geriessen... ;-)

Anschliessend machte ich mich auf, um "Mitad del Mundo (Mitte der Welt)" (PoI) zu besuchen, welches ca. 20 km ausserhalb von "Quito" liegt. Eine französische Expedition hatte Ende des 19. Jahrhunderts aufgrund von diversen Messungen (Sonnen- und Sternenkonstelationen, usw.) festgelegt, dass an diesem Ort die Mitte der Welt wäre. Dummerweise haben sie sich dabei um ca. 200 Meter verrechnet. "Ecuador" ist das einzige Land der Welt, welches geographische Merkmale (Bergspitzen, etc.) besitzt, die direkt auf dem Äquator liegen. Erst in den vergangenen Jahrzehnten hat man herausgefunden, dass frühere, unbekannte Kulturen genau wussten, wo der Äquator verläuft, und entsprechend astronomische Bauten auf diesen geographischen Äquator-Merkmalen errichteten. (Bild 1: Monument bei Mitad del Mundo und die nicht ganz korrekte Äquatorlinie)

Ich wurde von verschiedenen Reisenden vorgewarnt, dass "Mitad del Mundo" extrem touristisch wäre. Da ich in "Quito" genügend Zeit hatte, besuchte ich diesen Ort trotzdem. Und tatsächlich, rund um das "Mitad del Mundo"-Monument waren Dutzende von Souvenir-Shops und Fast Food-Restaurants aufgestellt. Da es aber Montagmorgen war, hatte es zum Glück fast keine Leute, so dass man sich denn Spass machen konnte, über die (allerdings nicht ganz korrekte) Äquatorlinie zwischen den zwei Hemisphären hin und her zu hüpfen. (Bild 2: Andy auf der Äquatorlinie)

Etwas neben dem Äquator-Monument gibt es das Museum "Solar Inti Ñan", welches für sich in Anspruch nimmt, dass die korrekte Äquatorlinie durch sein Grundstück verläuft. Und tatsächlich konnte man dort verschiedene Experimente durchführen, welche man nur auf der Äquatorlinie durchführen kann. So z.B. ein Ei auf einen Nagel zu stellen. Das interessanteste Experiment wurde mit einem Becken, welches unten in der Mitte einen Ausfluss hatte, durchgeführt. Stellte man das mit Wasser gefüllte Becken genau auf die Äquatorlinie, und zog den Stöpsel aus dem Ausguss, floss das Wasser ab, ohne dabei einen Wirbel zu verursachen. Zwei Meter neben der Äquatorlinie verursachte das gleiche Experiment auf der nördlichen Hemisphäre einen im Gegenuhrzeigersinn drehenden Wirbel, und auf der südlichen Hemisphäre einen im Uhrzeigersinn drehenden Wirbel. (Bild 3: Ei auf einem Nagel auf der richtigen Äquatorlinie)

Am Dienstagmorgen stand schon wieder Fussball auf dem Programm. Um 09:00 spielte "Ecuador" gegen "Deutschland" ihr letztes Vorrundenspiel. Da sich beide Mannschaften schon für die Achtelfinals qualifiziert hatten, ging es allenfalls "nur" noch um die "Ehre". Mit Dalia ging ich zum "Parque Carolina", wo auf einer Leinwand das Spiel übertragen wurde. Leider spielte "Ecuador" nur mit der Reserve-Mannschaft auf, so dass schon in der fünften Minute das erste Tor für "Deutschland" fiel. Für eine ausgelassene Stimmung wie beim Sieg gegen "Costa Rica" war dies natürlich nicht gerade förderlich. Trotzdem gab es schon um 09:30 das erste Bier... ;-) Aber das war auch angebracht, denn erstens waren wir ja an einem Fussballfest, und zweitens feierte ich meinen 200. Reisetag. (Bild 4: Ecuadorianisches Fan-Liebespaar)

In der Halbzeit wechselten wir dann in eine Sport-Bar, wo dass Spiel auf einem grossen LCD-Bildschirm übertragen wurde. Vor und nach dem Spiel sahen wir in den Strassen praktisch jeden zweiten mit einem gelben "Ecuador"-Fussball-T-Shirt herumlaufen, und an jeder Strassenecke stand jemand und verkaufte Fähnchen, Bier und ungesunde Snack. Naja, wie schon gesagt, hatte der "3:0"-Sieg von "Deutschland" leider zur Folge, dass alle nach dem Spiel wieder ihren normalen Tätigkeiten nachgingen, anstelle die grossse Party in den Strassen von "Quito" wie bei den Vorspielen steigen zu lassen... :-( (Bild 5: Dalia feiert schon jetzt den Schweizer WM-Final-Erfolg)

Für Mittwoch bis Freitag hatte ich mir einen weiteren Ausflug an die Pazifikküste von "Ecuador" vorgenommen. Die Rückreise in die Berge sollte durch die "Mangroven" im Nordwesten des Landes führen. Mein Bus nach "Esmeraldas", eine ziemlich hässliche und gefährliche Hafenstadt, fuhr schon um 07:00. Als dort um 13:00 ankam, schoss ich ein paar Fotos im Zentrum, und machte mich anschliessend sofort wieder aus dem Staub. Ich fuhr nach "Súa", einem kleinen Fischerdörfchen mit Strand 30 km südlich von "Esmeraldas". Dort hatte ich seit langem wieder einmal die Möglichkeit mich am Strand in die Sonne zu legen. (Bild 6: Regierungsgebäude der ecuadorianischen Provinz Esmeraldas in der Stadt Esmeraldas)

Am Donnerstag stand wieder eine lange Reise auf dem Programm, weshalb ich schon um 05:30 aufwachte. Ich hatte mich in "Súa" im Hotel "Chagra Ramos" einquartiert, wo ich für $ 5.00 ein kleines, nicht wahnsinnig schönes Bungalow erhalten hatte, welches ziemlich weit oben auf einem kleinen Hügel stand. Als ich aufstand, öffnete ich die Türe meines Bungalows, um die frisches Morgenluft herein zu lassen. Danach ging ich ins Badezimmer, um eine Dousche zu nehmen. Als ich wieder ins Zimmer zurückkehrte stand ein Schwarzer mit einer "Pumpgun" in meinem Zimmer!? Nach dem ersten Schreckmoment erkannte ich, dass es die Nachtwache der Hotelanlage war. Er kam, um sein "Propina (Trinkgeld)" für die Sicherheit während der Nacht einzufordern. Dies konnte er sich natürlich abschminken, nachdem er mit einer "Pumpgun" ohne anzuklopfen in mein Zimmer getreten war. (Bild 7: Strand von Súa [naja, es gibt schönere Strände ;-)])

Ich fuhr dann wieder nach "Esmeraldas" zurück, von wo ich dann direkt nach "La Tola" weiterfuhr. Von dort startete dann schon 10 Minuten nachdem ich angekommen war meine Bootsfahrt durch das Mangrovengebiet. Das Boot fuhr bis "Limones". Leider erfuhr ich dann dort, dass ich 4.5 Stunden warten musste, bis das nächste Boot nach "San Lorenzo" weiter fahren würde. "Limones" ist ein kleines, hässliches Fischerdorf auf einer Insel, auf welcher praktisch nur Schwarze leben, und welches vor Armut leider nur so strotzte. Da ich nirgends meinen grossen Rucksack deponieren konnte, machte mich mich mit vollem Gepäck bei feucht-heissen Temperaturen auf einem Dorfrundgang. Ich war natürlich die Tagesattraktion. Und vor allem meine Kamera war bei den Kindern sehr beliebt, denn jeder wollte fotografiert werden. Nach einer Stunde setzte ich mich dann leicht gelangweilt an den Hafen, um auf das Boot zu warten. Nach einer weiteren Stunde erfolgte dann die Erlösung. Aus einer Hütte hörte ich die Stimme des ecuadorianischen Fernseh-Fussball-Moderators. Ach ja, heute spielte ja "Brasilien" gegen "Japan", und der Match sollte genau eine Viertelstunde vor der Abfahrt meines Bootes fertig sein. Perfekt, was will man mehr. Ich klopfte an die Holzhüttentür und fragte den Besitzer, ob ich mit ihm das Spiel schauen könnte. Kein Problem, denn ich sollte nicht der einzige sein, der auf diesem Fernseher das Spiel verfolgte. Nach und nach traffen weitere Leute ein, so dass die meisten in irgend einer Form vor der Hütte Platz nehmen und durch die Tür das Spiel erspähen mussten. Naja, die Darbietung der brasilianischen "Seleção" war, von ein paar tollen Einzelleistungen abgesehen, in der ersten Halbzeit nicht gerade berauschend. Hoffentlich spielen sie dann in Zukunft ein bisschen mehr wie in der zweiten Halbzeit. (Bild 8: Arme, alte Frau in Limones / Bild 9: WM-Fussball-Match Brasilien gegen Japan in einer Holzhütte in Limones)

Um 16:00 fuhr dann mein Boot durch die Mangroven nach "San Lorenzo", wo wir schon 1.5 Stunden später ankamen. Auch "San Lorenzo" war nicht gerade sehr berauschend, aber ich fand ein halbwegs anständiges Zimmer zum übernachten. Das Beste an "San Lorenzo" war der frische Seafood. Für ein paar Dollar bekam ich einen Teller voll mit Riesenkrevetten. Das Zweitbeste an "San Lorenzo" war, dass viele Kolumbianer wegen den besseren Verdienstmöglichkeiten (der Dollar lässt grüssen) hier leben. Abends landete ich dann in einer Bar, in welcher zwei Kolumbianerinnen arbeiteten und ein Kolumbianer und zwei weitere Kolumbianerinnen als einzige Gäste hatte. Das wurde ein lustiger Abend... (Bild 10: Fahrt durch die Mangoven)

Nach einer kurzen Nacht hiess es dann schon um 05:30 wieder aufstehen. Die Fahrt zurück in die Berge nach "Otavalo" (2'500 M.ü.M.) sollte ungefähr sechs bis sieben Stunden dauern, und ich wollte unbedingt vor 14:00 in "Otavalo" sein, denn schliesslich stand das WM-Spiel "Schweiz" gegen "Südkorea" auf dem Programm. "Otavalo" ist v.a. für seinen Samstagmarkt bekannt. Ausserdem hatte ich gehört, dass am Freitag- und am Samstagabend das indigene Fest "Inti Raymi" statt finden sollte. Ich kam schon um 12:00 in "Otavalo" an, und nachdem ich mich im Hostal "El Geranio" einquartiert hatte, machte ich mich auf die Suche, um einen Fernseher mit Fussballübertragung zu finden. Ich wurde dann im Restaurant "SISA" fündig, welches lustigerweise genau gleich hiess wie mein früherer Arbeitsgeber, bei welchem ich während meiner Studienzeit gearbeitet hatte. Naja, über das Spiel muss ich ja nichts schreiben, denn jeder hat es sicherlich selber gesehen. Ich wäre in diesem Moment gerne irgendwo in der "Schweiz" gewesen, denn die Stimmung soll ja gemäss Zeitungen sensationell gewesen sein. Naja, ich traff an diesem Nachmittag nur noch auf vier Welschschweizer, welche sich natürlich ebenfalls über den Sieg freuten. (Bild 11: Restaurant SISA in Otovalo / Bild 12: Andy beim Fussballspiel Schweiz gegen Südkorea)

Nach dem Spiel machte ich noch einen kleinen Rundgang durch "Otavalo". Die Stadt hat betreffend Sehenswürdigkeiten nicht so viel zu bieten. Sensationell ist aber das "People Watching" in "Otavalo". Von nördlichen Argentinien bis z.T. südlichen Kolumbien trifft man auf die Quecha-Indianer. Sie haben zwar alle den gleichen Ursprung, die Sprachdialekte und z.T. ihre Traditionen sind aber von Region zu Region unterschiedlich. Ganz speziell sind die "Quecha"-Indianer in der Gegend um "Otavalo", welches ca. 90 km nördlich von "Quito" liegt. Anbei eine kleine Beschreibung der Leute:

  • Grösse: Die meisten sind extrem klein. Mind. die Hälfte der erwachsenen Leute sind ca. zwei Köpfe kleiner als ich. Ich habe aber auch Leute gesehen, die 2.5 Köpfe kleiner waren.
  • Männer: Sie haben alle lange, schwarze Haar, welche zu einem Zopf geflochten sind. Sie tragen auch meistens einen Hut. Barthaare scheinen diese Indianer nicht zu kennen, oder sie sind immer schön säuberlich rasiert. Der Oberkörper ist mit einem umkehrbaren, zweifarbigen "Poncho" bedeckt. Die weissen Leinenhosen reichen bis zur Wadenmitte. Die traditionellen Schuhe sind eine Art "Espadrille". Allerdings ist nur der vordere Teil des Fusses bedeckt. Der hintere Teil des Schuhwerkes wird mit Hilfe von Schnüren um die Knöchel befestigt. Obwohl die Indianer von den umliegenden, einfachen Dörfer zum Markt kommen, geben sie immer ein gepflegtes Erscheinungsbild ab. (Bild 13: Quecha-Indianer)
  • Frauen: Auch sie haben lange, schwarze Haare, welche entweder offen oder ebenfalls in Zöpfen getragen werden. Oft tragen sie auf dem Kopf als Sonnenschutz ein Tuch, das in kunstvoller Form auf den Kopf gelegt wird. Sie schmücken sich mit unzähligen, goldigen Halsketten (allerdings aus Plastik). Um die Handgelenke sind lange, rote Ketten geschlungen. Die weissen Blusen sind im Halsbereich und am Ende der kurzen Ärmeln extensiv mit Rüschen verziehrt. Um die Schultern hängt meistens ein Tuch in einer intensiven Farbe. Die meist dunkelblauen Röcke reichen bis zu den Knöcheln. Die Frauen gehen entweder barfuss oder tragen das gleiche Schuhwerk wie die Männer. (Bild 14: Quecha-Indianerin)

Wie schon erwähnt, fand am Abend das Fest "Inti Raymi" statt. Überall in den Strassen rund um den Zentralplatz versammelten sich kleine Gruppen. Sie bildeten Kreise, in welchen die Leute eng beieinander standen. Die Musikanten spielten in der Mitte des Kreises auf Gitarren, Bambusflöten und Blasklavieren aus Plastik die immer gleiche Melodie. Die restlichen Leute tanzten von einem Bein auf das andere hüpfend langsam im Kreis herum, und gaben dabei kurze Jauchzer von sich. Interessant war, dass sowohl die Musik als auch die Jauchzer relativ leise gehalten wurden, was dem ganzen in den z.T. dunkeln Strassen fast eine etwas unheimliche Stimmung verlieh. Manche Tänzer hatten hatten sich ausserdem verkleidet. Von traditionellen, indigenen Kostümen, einfachen Militäruniformen bis zur Bismarck-Verkleidung konnte man alles sehen. An jeder Strassenecke wurde ausserdem ein heisses, alkoholisches Brombeer-Zimt-Getränk verkauft, welches die Leute gleich flaschenweise tranken... ;-) (Bild 15: Tänzer am Inti Raymi)

Am Samstag fand dann der Markt von "Otavalo" statt, einer der bedeutesten Märkte von "Südamerika". Um 10:00 sollten die grossen Touristenbusse aus "Quito" ankommen, und ihren Inhalt auf den Markt entleeren. Ich machte mich deshalb schon um 07:00 auf, um den Markt zu besichtigen. Obwohl die Einheimischen bis spät in die Nacht gefeiert hatten, war um sieben Uhr der Markt schon in vollem Gange. War einfach faszinierend die "kleinen Leuten" bei ihrem Treiben zu beobachten. (Bild 16: Marktszene in Otovalo)

Um 10:00 ging meine Reise dann weiter. Ziel: "Kolumbien". Ich fuhr zuerst nach "Ibarra", wo ich an einer Strassenkreuzung auf ein Anschlusebus nach "Tulcán" warten musste. Leider war ich nicht der Einzige, und als der erste Bus kam, rannten alle zur Bustüre. Mit meinem ganzen Gepäck war ich nicht natürlich nicht der Erste, und der Bus war schon voll, als ich bei der Tür ankam. Naja, für den zweiten Bus positionierte ich mich dann "strategisch" ein bisschen besser. Eine halbe Stunde später schaffte ich es dann nach zwei Ellbogenstössen im zweiten vorbeifahrenden Bus einen Platz zu ergattern. Die Fahrtn nach "Tulcán" (2'960 M.ü.M.), dann zur Grenzstelle "Rumichaca", der Grenzübergang nach Kolumien sowie die anschliessende Fahrt zum Bus-Terminal von "Ipiales" verliefen "ruck zuck" und ohne grosse Probleme. (Bild 17: Grenzübergang nach Kolumbien bei Rumichaca)

Nachdem ich mein Gepäck im Bus-Terminal deponiert hatte, fuhr ich zur "Santuario de las Lajas", einer neu-gothischen Kirche, welche auf einer Brücke, die eine tiefe Schlucht überspannt, gebaut ist. Die Kirche wurde dort errichtet, weil an dieser Stelle anscheinend die "heilige Jungfrau" erschienen sein soll. Zurück im Bus-Terminal hatte ich eine halbe Stunde, bis mein Bus nach "Pasto" fuhr. Ich schnappte mir ein Taxi und liess mich ins Zentrum fahren, um in einem "Casa de Cambio (Wechselstube)" meine übrigen Dollars zu wechseln. An der Grenze hatte ich nur zehn Dollar gewechselt, um wenigstens ein paar kolumbianische Pesos in der Tasche zu haben. Ich hatte dort 2'030 Pesos, im Stadtzentrum von "Ipiales" (3 km von der Grenze entfernt) 2'470 Pesos pro Dollar erhalten. Da hat sich die 3'000-Pesos-Taxifahrt mehrfach ausbezahlt... ;-) (Bild 18: Santuario de las Lajas in der Nähe von Ipiales)

Als würde die Natur auf Staatsgrenzen Rücksicht nehmen, änderte sich die Landschaft in "Kolumbien" dramatisch. Tiefe und steile Täler mit extrem kurvenreichen Strassen waren, wie ich das von Kolumbien ja schon kannte, wieder an der Tagesordnung. Die Fahrt nach "Pasto" war von der Landschaft her wunderschön. Umso hässlicher war dann "Pasto". Da aber schon die Nacht angebrochen war, entschied ich mich, hier trotzdem zu übernachten. Als ich aus dem Bus stieg, konnte ich kaum mehr gerade laufen. Irgend etwas mit den Sitzen war meinem Rücken nicht so gut bekommen. Ja, auch ich spüre manchmal, dass ich nicht mehr gerade der jüngste Backpacker bin.

Apropos Alter: Ich habe jetzt schon zweimal gehört, dass ich negativ über ältere Leute schreiben würde. Also, um gerade einmal etwas klar zu stellen. Ich habe gar nichts gegen Leute, welche schon ein paar Jährchen mehr auf dem Buckel haben als ich. Gerade auf einer solchen Reise, wie ich sie im Moment durchführe, kommt man sehr oft mit vielen, sehr jungen Leuten in Kontakt. Und da wird mir oft bewusst, dass ich zwar noch nicht zur älteren Generation, aber auch nicht mehr zur jüngsten Generation gehöre. Mir sind auf meiner Reise ein paar ältere Leute über den Weg gelaufen, welche mich ziemlich genervt haben. Aber genau so oft gingen mir Junge auf die Nerven. Das Verhältnis der Berichterstattung von nervigen Jungen zu nervigen Älteren ist allerdings anscheinend zu ungusten der Älteren ausgefallen. Ich werde versuchen, das Verhältnis in Zukunft besser in der Waage zu halten... ;-) Alles klar?! ;-)

So, zurück zu "Pasto". In der Stadt selber war der Fussball-Teufel los. Allerdings nicht der WM-Teufel, sondern der nationale Meisterschaftsteufel. Am nächsten Tag sollte das entscheidende Meisterschaftsspiel zwischen "Pasto" und "Calí" stattfinden. An jedem Strassenecken konnte man Fan-Artikel kaufen, und auf dem Zentralplatz belauerten sich, allerdings von der Polizei streng beobachtet, zwei gegnerische Fan-Gruppen. Wären nicht schon alle Tickets ausverkauft gewesen, wäre ich in dieser hässlichen Stadt, welche ausser drei schönen Kirchen nichts zu bieten hatte, einen Tag länger geblieben.

So machte ich mich aber am Sonntagmorgen schon früh auf, um nach "Popayán" zu fahren. Nach zehn Minuten war die Fahrt dann allerdings schon fertig. Am ersten Hügel gab der Motor des Buses den Geist auf. Nachdem der Fahrer 20 Minuten an seinem Motor herumgeschraubt hatte, durften die Passagiere wieder einsteigen, nur dass wir dann 30 Meter weiter wieder aussteigen konnten. Glücklicherweise sah es der Fahrer dann ein, dass er wahrscheinlich ein besserer Fahrer als Mechaniker war, und bestellte einen Ersatzwagen, welcher dann noch einmal fast eine Stunde auf sich warten liess.

Ich kam dann am frühen Nachmittag in "Popayán" an. Nachdem ich mich in einem schönen Kolonialhaus ("La Casona del Virrey") direkt im Zentrum der Stadt günstig einquartiert hatte, machte ich mich auf einen Stadtrundgang. "Popayán", welche übrigens wie "Arequipa" in "Peru" den Namen "La Ciudad Blanca (die weisse Stadt)" trägt, ist eine wirklich schöne Kolonialstadt. Aber eben halt eine Kolonialstadt, wie ich schon mindestens zwei Dutzend andere schöne Kolonialstädte gesehen habe. (Bild 19: Iglesia de Santo Domingo in Popayán)