Dienstag, 6. Februar 2007

Bericht 059 (27.01.07 bis 02.02.07)

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Am frühen Samstagmorgen machte ich mich auf, um von "Trat" in "Thailand" nach "Sre Ampel" in "Kambodscha" zu reisen. Bei "Hat Lek (TH)" überquerte ich die Grenze nach "Klong Koh Kong (KH)". Dank der Tatsache, dass ich mir mein Visa schon in "Bangkok" organisiert hatte, ging die Grenzüberquerung relativ problemlos über die Bühne.

Schon 50 Meter nach der Grenze bekam ich zu spüren, dass ich nicht mehr in "Thailand" war. Sehr schlechte, staubige Strassen, uralte Fahrzeuge, schäbige Hütten, etc. schien hier Standard zu sein. Zuerst liess ich mich ins Zentrum dieser Kleinstadt fahren, wo ich auf dem Markt meine restlichen, thailändischen "Baht" in die lokale Währung "Riel" zu einem schäbigen Kurs umtauschen liess. Dafür hatte ich dann einen ca. 10 cm dicken Geldbündel in der Hand.

Danach fuhr ich zur Busstation. Eigentlich konnte man dem nicht wirklich Busstation sagen, denn ausser einem riesigen, unasphaltierten, staubigen Platz mit einem Unterstand in der Mitte war da nichts zu sehen. Auch Bus gab es keine. Die einzigen Busse, die diese Busstation bedienten, waren alle auf die frühen Morgenstunden gelegt. Das einzige, was zur Verfügung stand, waren zwei Minibusse und drei Taxis. Damit war mir klar, wie hier der Hase laufen würde. Nachdem ich mir trotzdem die unverschämten Preisforderungen der Fahrer angehört hatte, setzte ich mich in den Unterstand und nahm mein Buch hervor. Ich hatte Zeit und konnte im Notfall auch in diesem Kaff übernachten, um am nächsten Tag einen regulären Bus zu nehmen.

Eine halbe Stunde später kam dann einer der Minibusfahrer. Er hatte unterdessen noch ein paar weitere Passagiere gefunden. Der Preis war jetzt schon 50% günstiger. Ich schüttelte aber nur den Kopf und las weiter. Das Spielchen wiederholte sich noch ein paar Mal, bis wir dann bei 20% des ursprünglichen vorgeschlagenen Preises angelangt waren. Das waren zwar immer noch über CHF 10.00, aber da der Minibus schon fast voll war, schlug ich nun ein.

Es folgte dann eine fünfstündige Fahrt über ungeteerte, mit rotem Staub bedeckte Strassen. Dreimal mussten wir mit uralten, rostigen Fähren Flüsse überqueren, denn Brücken scheinen sie in dieser Gegend noch nicht zu kennen. Nach der dritten Flussüberquerung deutete mir der Fahrer dann an, dass ich nun aussteigen sollte. Als ich mich umschaute, konnte ich aber nichts von einer Kleinstadt erkennen. Da kein Schwein Englisch sprach, gab es nur Handzeichen zur Verständigung. Aber ich verstand trotzdem nicht, was er mir sagen wollte. Deshalb blieb ich einfach sitzen. Irgendwann wurde es ihm zu viel. Er startete den Motor, schlug mit seiner Hand auf das Lenkrad und sagte: "Phnom Penh". Dann deutete er mit dem Zeigefinger auf einen jugendlichen Motorradfahrer, welcher am Strassenrand herumlungerte, und sagte: "Sre Ampel". Da verstand sogar ich. Mit dem Motorrad fuhr ich dann die letzten zehn Minuten bis zu meinem Ziel. Ich hatte dem Fahrer "Hotel" gesagt und war gespannt, wo ich nun landen würde. Er lud mich schlussendlich vor zwei Gasthäusern ab, die direkt nebeneinander lagen. So wie es aussah, waren es die einzigen Gasthäuser in der Stadt. Auch hier wurde kein Wort Englisch gesprochen, aber ich bekam trotzdem ein schäbiges Zimmer.

Ein wenig später lernte ich eine 39-jährige Hippie-Deutsche kennen, die nur kurz vor mir angekommen war. Da es schien, dass dies der einzige Mensch in dieser Stadt war, mit welchem ich ein paar Worte wechseln konnte, machte wir uns zusammen auf, um ein bisschen durch die Strassen zu schlendern. Die Kleinstadt hatte ausser grosse Kokosnüsse und roten Staubstrassen gar nichts zu bieten. Bei einer Kokosnuss erzählte sie mir dann von ihrer Karma-Suche in "Indien" (gähn...) und davon, dass sie und ihr Freund sich gegenseitig an diesem Morgen getrennt hätte.

Als wir dann nach dem Eindunkeln wieder beim Gasthaus eintrafen, sah ich einen abgefuckten Tredlock-Backpacker vor dem Haus sitzen. Es brauchte nicht viel, um Eins und Eins zusammen zu zählen und diese Kreatur als ihren Ex-Freund zu identifizieren. Naja, sie verabschiedete sich dann mit dem Hinweis, dass sie nun wahrscheinlich was zu diskutieren hätte.

Am nächsten Morgen stand ich früh auf und ging auf den Balkon. Dort sass schon eine nachdenkliche Hippie-Braut. Ich fragte sie, wie der Abend verlaufen wäre. Sie meinte, dass zuerst alles gut verlaufen wäre, und dass sie sich wieder versöhnt hätten. Als er dann allerdings in ihrem Zimmer im Papierkorb ein gebrauchtes Kondom gesehen hätte, wäre er ohne viele weitere Worte wieder gegangen. Natürlich hatte er angenommen, dass ich der Benutzer des Kondomes gewesen war. So ein Idiot. Ich und eine Backpacker-Hippie-Braut... Das hätte mir gerade noch gefehlt... ;-) Soviel zu einer tragischen Hippie-Backpacker-Liebesgeschichte in der Mitte von Kambodscha-Nirgendwo.

Wie auch immer, ich machte mich auf um einen angeblichen schönen Wasserfall ("Puong Roul") in den nahe gelegene "Caradamom Mountains" zu besichtigen. Es war gar nicht so einfach einen Motorradfahrer zu finden, der verstand, wo ich hin wollte. Und sehr interessant war auch, dass er plötzlich Englisch sprechen konnte, als er wusste, wo es hingehen sollte. Er sagte nämlich: "Twenty Dollars". Verhandeln oder einen anderen Fahrer suchen funktionierte leider nicht. Weil mir US$ 20 für eine 10 Kilometer-Fahrt zu einem Wasserfall zuviel war, ging ich ins Gasthaus zurück und packte meine Sachen zusammen, um nach "Sihanoukville" weiter zu reisen. Unterdessen hatte auf der gegenüber liegenden Strassenseite meines Gasthauses eine Hochzeitfeier begonnen. Da ich es mit der Reise nach "Sihanoukville" nicht sonderlich eilig hatte, stellte ich mich neben den Fest-Baldachine und schaute ein bisschen der Hochzeit zu. Es dauerte keine zwei Minuten, bis ich an einen Tisch gewinkt und mit Essen und Trinken bedient wurde. Naja, ich hatte definitiv schon bessere Hochzeitsessen erlebt, aber der farbenfrohen Hochzeitszeremonie zu zu schauen war ein eindrückliches Erlebnis.

Den ersten Teil der Reise nach "Sihanoukville" absolvierte ich dann auf einem total überdimensionierten, "Trike"-ähnlichen Fahrzeug. Neben 15 Passagieren durfte ich dieses Gefährt mit dem Material für ein Festzelt teilen. Als ich in "Viel Rehn" nach zwei Stunden abstieg, um auf ein anderes Fahrzeug zu wechseln, war mein weisses T-Shirt vom Staub rot gefärbt. Die Fahrt ging dann mit einem Taxi weiter. Taxi tönt nach einer gemütlichen Fahrt. Das war es aber definitiv nicht. Ich teilte den Beifahrersitz mit einem weiteren Passagier. Auch der der Fahrer war grosszügig und teilte seinen Sitz ebenfalls mit einem Passagier. So weit ich das beurteilen kann (ich konnte mich kaum bewegen und deshalb auch nicht richtig nach hinten schauen) sassen auf der Rückbank fünf, im Kofferraum sechs und auf dem Dach zwei weitere Passagiere.

Am späteren Nachmittag kam ich dann an meinem Ziel an. Nachdem ich mich in einem Hotel einquartiert hatte, ging ich direkt an den Strand "Occheuteal". Eigentlich ein recht schöner Strand mit weissem, feinen Sand, der lustigerweise beim barfüssigen durchqueren unter den Füssen wie Schnee knirscht. Leider hatte es einfach zu viele Bars und Restaurants sowie an diesem Sonntagnachmittag zu viele Touristen und Einheimische am Strand.

Nicht weit von mir entfernt bemerkte ich mehrere amerikanische Familien. Da jede der Familien mindestens ein asiatisches Kind in ihrer Mitte hatte, vermutete ich, dass diese wegen Adoptionen nach "Kambodscha" gekommen waren. Wie Amerikaner halt so sind, konnte ich es nicht verhindern, dass ich ihren Gesprächen zuhören konnte. Einer hielt sich für den Oberschlauen und belehrte die anderen dauernd über die lokalen Fakten, Bräuche, Sitten, etc. Als dann ein blinder, singender Bettler, der von einem Kind am Strand entlang geführt wurde, uns entgegen kam, stellte sich der vorwitzige Ami mit seiner Kamera in der einen und einer Bierdose in der anderen Hand vor den Blinden. Er filmte den Blinden und das Kind und sprach dabei auf das Band, dass das Kind wahrscheinlich etwa fünf Jahre alt wäre, und dass es jetzt aber eigentlich in der Schule sein müsste, etc. Da ich nur gerade zwei Meter entfernt lag, konnte ich es mir nicht verkniffen laut genug für die Kamera zu sagen: "Hey, even in Cambodia children don't go to school on Sundays." Naja, er war nicht gerade sehr erfreut, dass ich seinen "Dokumentarfilm über die Armut in Kambodscha" zerstört hatte... ;-) Fairerweise muss ich aber sagen, dass dies wirklich ein Problem in "Kambodscha" ist. Leider habe ich oft - auch an Werktagen - Kinder durch die Strassen laufen sehen, welche irgend welchen Krempel an Touristen verkaufen mussten, und so nicht die Schulbank drücken konnten.

Am nächsten Morgen mietete ich mir ein Motorrad und klapperte die Stadt und die umliegenden Strände ab. Auch ein Besuch im super schönen Hotel "Sokha Beach Resort" stand auf meiner Route. Den restlichen Tag sowie den darauf folgenden Dienstag verbrachte ich dann vorwiegend am ruhigen "Otres Beach".

Am Mittwoch ging dann die Reise weiter in die Hauptstadt "Phnom Penh". Francis und Rick haben mir die Stadt als dreckige Wildwest-Stadt beschrieben. Und diese Kurzbeschreibung trifft die Sache ziemlich genau. Sobald man die Hauptverkehrsachsen verliess, war es nicht unüblich, dass man sich in einer ungeteerten, staubigen Strasse wieder fand. Aber zurück zu meiner Ankunft in "Phnom Penh". Das fing nämlich schon mal gar nicht gut an. Als man mir meinen grossen Rucksack aus dem Gepäckraum des Bus überreichte, war er auf der einen Seite total nass. Er war während der fünfstündigen Fahrt die ganze Zeit in einer nach Fisch stinkenden Sauce gelegen... :-( Eine stinkende Fischwolke hinter mir herziehend lief ich durch die Strasse in der Umgebung des Marktes "Psar O Russei". Es gab hier so viele Gasthäuser, dass mir die Wahl fast ein bisschen schwer fiel. Als ich mich dann im "Lucky Guesthouse" einquartiert hatte, war zuerst einmal Rucksack putzen angesagt... :-(

Mein nächster Gang war dann die Botschaft von "Laos", um mir ein Visa zu besorgen. Unverschämte US$ 40.00 und drei Passfotos waren notwendig, um dieses Visa zu erhalten. Aber immerhin wurde das Visa innerhalb von 24 Stunden ausgestellt, denn ich bekam die Aufforderung am nächsten Tag pünktlich um 16:00 den Pass wieder abzuholen.

Am Donnerstag machte ich mich dann auf die erste Sight-Seeing-Tour. Am eindrücklichsten waren der berühmte Königspalast und die Silberpagode. Auch noch erwähnenswert waren zwei grosse Monumente (das "Unabhängigkeitsmonument" und das "Kambodscha-Vietnam-Freundschaftsmonument") sowie die Flusspromenade. Das war es dann aber auch schon gewesen...

Total verrückt in dieser Stadt ist der Verkehr. Und noch verrückter ist die unglaubliche Anzahl an Motorrädern. Diese Motorräder werden für den Transport von allem nur erdenklichen benutzt. Seien dies 150 kg Reis (vier Säcke auf dem Rücksitz aufgetürmt und zwei Säcke zwischen Fahrersitz und Lenkstange eingeklemmt), zwei grosse Schweine (in einem Bambusgefäss zusammengeschnürt auf dem Rücksitz) oder eine fünfköpfige Familie. Und obwohl es an jedem dritten Ecken eine Fahrschule gibt, scheinen elementare Verkehrsregeln völlig unbekannt zu sein. Eine besondere Spezialität ist, dass Motor- und Fahrräder am Strassenrand der entgegenkommenden Fahrbahn entlang oder bei Rot über eine Kreuzung zu fahren. Einer meiner Motorrad-Taxi-Fahrer hatte einmal das Gefühl, dass er gerade beides auf's Mal machen musste. Er fuhr nämlich auf einer sechsspurigen Strasse auf der mittleren Fahrbahn des entgegenkommenden Verkehrs bei Rot über eine grosse Kreuzung. Nicht sonderlich verwunderlich, dass wir am anderen Ende der Kreuzung nur haarscharf einem Unfall mit einem anderen Motorrad entgingen. Mein Fahrer fand das ganz einfach nur lustig und begriff nicht so ganz, wieso ich danach nur die Hälfte des vereinbarten Fahrpreises bezahlte.

Ganz ins Wildwest-Klischée passte auch meine einfache Beobachtung, dass es ganz viele, sehr arme Leute, und ganz wenige, sehr reiche Leute in "Phnom Penh" zu geben scheint. Neben schönen Villen sah ich immer wieder einzelne oder mehrere schwarze, neue, teure und mit schwarz getönten Scheiben ausgestattete Limousinen durch die Strassen fahren. Interessanterweise hatte diese Limousinen nie ein Nummernschild.

Die Tatsache, dass man in den Strassen des öfteren die russische Sprache von finster ausschauenden Typen zu hören bekam, fügte zu dem Wildwest-Charakter der Stadt noch einen Hauch Russenmafia hinzu. Vieleicht ein bisschen weit hergeholt, aber dies waren so meine Eindrücke nach einem Tag in "Phnom Penh". Ach, und eine Stadt, in welcher die Strassen nach 20:00 ziemlich menschenleer sind, ist mir immer ein wenig suspekt.

Wie auch immer, am Freitag setzte ich mich ein wenig mit dem fürchterlichen Genozid, welcher von den "Roten Khmer" in den Jahren 1975 bis 1979 in "Kambodscha" verübt wurde, auseinander. Ich besuchte mit einem Fahrrad die ca. 14 km ausserhalb der Stadt liegenden "Killing Fields" bei "Choeung Ek", wo die "Roten Khmer" über 17'000 sogenannte "Regimegegner" ermordeten. Danach stattete auch noch dem in der Stadt liegenden Museum "Tuol Sleng", ein ehemaliges Schulhaus, welches von den "Roten Khmer" zu einem Folter- und Verhörgefängnis umfunktioniert wurde, einen Besuch ab. "Kambodscha" hat ja bekanntlich in den vergangenen 30 Jahren eine tragische Geschichte durchgemacht. Einen guten Kurzüberblick über diese Geschichte bietet der folgende Link.

Obwohl ich vorgehabt hatte ein wenig länger in der Hauptstadt zu verweilen, hatte ich nach 2.5 Tagen genug von dieser Stadt gesehen. Ich fuhr deshalb am Samstagmorgen mit einem Bus nach "Battambang" weiter. Dazu dann aber mehr in meinem nächsten Bericht...