Freitag, 30. März 2007

Bericht 066 (26.03.07 bis 30.03.07)

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Am Montagmorgen startete ich meine Motorrad-Tour durch den Nordwesten von "Thailand". Da in "Chiang Mai" alle Motorradvermieter den gleichen Preis zu verlangen schienen, hatte ich am Vorabend dem Gasthaus-Manager gesagt, dass ich für Montagmorgen 08:00 ein Motorrad wünschte. Als ich zu dieser Zeit am Montag an der Rezeption stand, war das Motorrad natürlich nicht da. Naja, eine Viertelstunde später wurde es dann gebracht. Mir wurde ein Vertrag vorgesetzt, gemäss dessen ich meinen Pass hinterlegen und eine Versicherung zahlen hätte müssen, welche im Schadensfall praktisch nichts übernahm. Ich lehnte dankend ab. Sowohl der Vermieter als auch der Gasthaus-Manager waren natürlich nicht glücklich, denn ersterer konnte somit kein Motorrad vermieten und zweiterer keine Provision einstreichen. Ich war aber ebenfalls unglücklich, denn ich musste nun einen Motorradvermieter finden, der den Pass nicht als Pfand verlangte und einen fairen Mietvertrag anbot. Ich musste dann allerdings nicht lange suchen, denn schon beim zweiten Vermieter ("Mr. Mechanic") wurde ich fündig.

Ausgestattet mit einem Honda Dream 125cc (nicht gerade viel, wenn man sich das fünf- bis zehnfache gewöhnt ist) konnte ich die Fahrt beginnen. Zuerst fuhr ich zu den Heisswasserquellen bei "San Kamphaeng". Dort schiessen zwei kochende Wasserfontänenen aus dem Boden. Aber wie überall in "Thailand". Wenn es irgendwo etwas Schönes oder Interessantes zu sehen gibt, dann bauen die Thailänder eine Strasse bis direkt davor. Man müsste sonst ja noch laufen. Und wenn eine Strasse nicht möglich ist, dann halt eben einen geteerten Weg. Etwas so belassen, wie es z.B. die Natur geschaffen hat, können die Thailänder ebenfalls nicht. Durch irgend welche (baulichen) Massnahmen wird versucht es noch "schöner" zu machen. Damit man dann zu guter Letzt auch ganz sicher keine anständigen Fotos von der Sehenswürdigkeit machen kann, bauen sie in den Hintergrund noch einen Strommast, eine Handy-Antenne oder einen Souvenirstand. So auch bei diesen Quellen. Rund um die Quellen führten zahlreiche geteerte Wege. Um die Quellen selber wurden künstliche Teiche und Pools angelegt. Und zahlreiche Souvenirstände fehlten natürlich auch nicht. Ganz witzig war hingegen, dass man von mehreren herumlaufenden Frauen kleine Körbchen mit vier rohen Eiern und einem Säckchen Fischsauce (= thailändisches Aromat) kaufen konnte. Diese Körbchen hängte man an einen der vielen Metallhaken, welche rund um die Pools mit dem kochenden Quellwasser angebracht waren. Ob vier, in schwefelhaltigem Wasser gekochte Eier auf's Mal sonderlich gesund sind (Cholesterin und so lässt grüssen), sei dahin gestellt. Geschmeckt hat das vorösterliche Mahl auch mit der Fischsauce allemal... ;-)

Die Fahrt ging dann weiter nach "Mae Rim". Dort sah ich auf einem Parkfeld unzählige Touristenbusse stehen. Neugierig fuhr ich näher, um zu sehen, was die dort alle machen würden. Ich erkannte, das es sich um einen Orchideen- und Schmetterlingpark handelte. Und plötzlich machte es klickt. Déjà-vu. Ups, ich hatte diesen Park im 2004 auf einer Tour ebenfalls besucht. Beschämt fuhr ich schnell weiter... :-(

Ich fuhr anschliessend durch das "Mae Sa Tal". Auch hier wimmelte es nur so von sog. Touristenattraktionen. Bungee Jumping, Elefanten reiten, schiessen, Go Kart fahren, Pferde reiten, Squad fahren, Buggy fahren, im "Four Seasons" wohnen u.v.m. Naja, nach ein paar Kilometer war dann Schluss mit der Touristeninfrastruktur, und man konnte die schöne Landschaft geniessen. Noch einmal ein paar Kilometer weiter, bei "Sa Moeng", war dann allerdings mit zwei anderen Dingen ebenfalls Schluss. Geteerte Strassen und englische Wegweiser bzw. Wegweiser im allgemeinen (mein Thai ist leider noch nicht gut genug, um alles entschlüsseln zu können). Als ich an einer Tankstelle meinen Tank auffüllen ging, fragte ich den Tankwart, wo es nun nach "Pa Pae" weiter gehen würde. Zwei mit einem Motorrad ebenfalls an der Tankstelle wartende Männer deuteten mit den Fingern auf sich selber und sagten immer wieder: "Pa Pae, Pa Pae". Ich dachte mir, dass es wahrscheinlich gescheiter war, wenn ich diesen zwei Männer hinterher fahren würde, obwohl sie zu zweit auf einem Motorrad natürlich viel langsamer unterwegs waren als ich. Aber wenn ich an jeder Strassenverzweigung jemanden hätte suchen müssen, der mir den richtigen Weg zeigte, wäre ich wahrscheinlich noch langsamer vorwärts gekommen.

Der Weg führte zuerst über staubige aber gute, dann über staubige aber schlechte Strassen. In "Yang Moen" hielten die zwei dann plötzlich vor dem Haus eines Gemüse- und Früchtehändlers an. Der Soziusfahrer gab mir dann zu verstehen, dass er hier wohnen würde, und dass ich jetzt essen und trinken müsste. Ich entschied mich für Wasser und ein paar super-süsse Mangos. Mmmhhhh...

Die Fahrt ging dann zu zweit weiter. Leider wurde die Strasse immer schlechter. In "Europa" hätte man diese Strasse unterdessen mit "Feldweg" bezeichnet. In einem kleinen Dorf hielt dann mein Führer vor einer Bambushütte an und und gab mir zu verstehen, dass dies nun sein Zuhause war. Ach so, er fuhr also doch nicht nach "Pa Pae". Er zeigte mit dem Finger auf einen weiteren Feldweg und sagte: "Yi-sip kilo". Ich interpretierte dies als "noch 20 Kilometer bis nach Pa Pae". Der Weg war extrem steil (bergauf- und bergrunter), staubig und holprig. Mit einem "Off Road Bike" wäre ich hier einiges besser bedient gewesen. Ich kam durch zahlreiche kleine Dörfchen, wo ich mich immer wieder versicherte, dass ich noch auf dem richtigen Weg war. Zum guten Glück hatte ich nur einmal die falsche Abzweigung genommen, so dass ich dann "Pa Pae" doch noch fand. Von dort gab es dann wieder eine mehr oder weniger asphaltierte Strasse bis nach "Pai", welches ich dann gerade noch mit dem letzten Tageslicht erreichte.

"Pai" ist ein kleines Städtchen an einem Fluss, welches hauptsächlich vom Tourismus lebt. Vor allem sog. "Künstler" sollen diesen Ort als ihr Relax-Zentrum definiert haben. Entsprechend sah man in den Strassen auch viel zu viele komische Touristen. Oder vielleicht war es auch umgekehrt. Vielleicht war ich ja der komische Tourist, weil ich keine "Dreadlock"-Frisur trage. So am Fluss zu liegen war aber trotzdem sehr gemütlich, weshalb ich mich entschloss, hier einen Tag zu faulenzen. Ich tat dann auch am Dienstag den ganzen Tag nicht viel anderes, als in einem Liegestuhl am Fluss liegend einen 400-seitigen Krimi zu lesen.

Am Mittwoch ging dann die Fahrt weiter. Bis am Abend wollte ich "Mae Sariang" erreichen und dazwischen einen Stopp in "Mae Hong Son" machen. Bis nach "Mae Hong Son" musste ich über zwei Pässe fahren. Die waren stellenweise sehr steil. Und trotz Vollgas kroch ich manchmal mit meinem 125er mit 25 km/h den Berg hinauf. Die Strecke wäre die ideale Motorradstrecke, wenn man dann ein Motorrad hätte, mit welchem das Beschleunigen aus der Kurve heraus auch bergauf Spass machen würde. Dafür konnte ich bei dem Schneckentempo aber die Landschaft ein bisschen mehr geniessen.

In "Mae Hong Son" gab es hauptsächlich drei Dinge zu besichtigen. Einen kleinen See ("Nong Jom Kham") inmitten der Stadt, ein paar Tempel sowie den Aussichtspunkt "Doi Kong Mu" mit dem gleichnamigen Kloster. Von diesem Aussichtspunkt sah man trotz "Haze" über das Tal und die darin liegende Stadt. Die Stadt hat auch einen Flughafen. Vom Aussichtspunkt konnte man sehen, wie die Landebahn des Flughafens praktisch mitten in die Stadt gelegt wurde. Das sah ziemlich komisch aus.

Danach setzte ich meine Fahrt weiter. Während den 140 km bis "Mae Sariang" machte ich verschiedene Stops. Zwei weitere "Hotsprings", mehrere Dörfer von "Hill-tribe"-Leuten sowie in der Kleinstadt "Khun Yuam". Wieder kurz vor dem Eindunkeln erreichte ich dann "Mae Sariang". Nachdem ich mich in einem familiären Gasthaus einquartiert hatte, blieb mir gerade noch genügend Zeit, um eine Dousche zu nehmen und ein fantastisches Abendessen zu verspeissen. Danach war aber Schluss, denn überall schlossen sich die Türen für die Nachtruhe. Naja, dann halt wieder einmal früh ins Bett.

Am Donnerstag ging die Fahrt schon um 07:30 weiter, denn ich hatte mir für diesen Tag das grösste Programm zusammen gelegt. Zuerst fuhr ich ein bisschen durch und rund um "Mae Sariang". Danach machte ich mich auf den Weg zu dem fast 200 km entfernten "Doi Inthanon", dem höchsten Punkt in Thailand. Nach knapp vier Stunden erreichte kurz vor dem Gipfel die zwei riesigen, buddhistischen Pagodas "Phra Dhatu Nabha Metaneedol" und "Naphapol Bhumisiri", welche jeweils zum 60. Geburtstag des thailändischen Königs (1987) und der Königin (1992) von der "Royal Thai Air Force" errichtet wurden. Wahnsinn, was das Militär hier auf fast 2'500 M.ü.M. gebaut hat. Und wie auch weiter oben schon erwähnt. Eine tolle Strasse bis direkt vor die Pagodas fehlte natürlich auch nicht.

Kleiner Exkurs: Interessant in "Thailand" ist, dass das Militär einer der vehementesten Verteidiger der thailändischen, konstitutionellen Monarchie ist. Obwohl dem König in einer konstitutionellen Monarchie faktisch keine Macht zusteht, hat die Meinung des Königs einen grossen Einfluss auf das politische Leben in "Thailand". Angeblich soll der General, welcher im September 2006 in einem Putsch die amtierende Regierung absetzte, vorgängig den "Segen" des Königs eingeholt haben. Der Schutz der Monarchie durch das Militärs wäre eigentlich im Moment gar nicht nötig, den der jetzige König (Bhumibol Adulyadej (Rama IX)) wird von 99% der Thailänder sowieso bedingungslos verehrt. Dies könnte sich aber einmal ändern, denn der Sohn und Thronnachfolger des schon 80-jährigen Königs ist im Volk nicht sonderlich beliebt. Die thailändische Verehrung für den König und dessen Schutz durch das Militär ist nun auch einem Schweizer, der im Suff in "Chiang Mai" fünf Königsportraits mit Spraydosen verunstaltet hatte, nicht so gut bekommen. Die fünf Einzeltaten hätten gemäss thailändischem Recht mit je 15 Jahren Gefängnis bestraft werden können (Majestätsbeleidigung). Er hat schlussendlich gesamthaft zehn Jahre bekommen. Das die Strafe von einem Berufungsgericht herabgesetzt werden könnte, soll angeblich unwahrscheinlich sein, weil die momentane, durch das Militär kontrollierte Übergangsregierung dies wahrscheinlich nicht zulassen wird. Ein teurer Suff... (siehe auch NZZ). Ergänzung vom 05.04.07: Am 04.04.07 hat die vom Militär kontrollierte Übergangsregierung für ganz "Thailand" die Internet-Seite www.youtube.com sperren lassen. Auslöser dieser Massnahme war ein Video, welches den König anscheinend ein wenig veralbert. Und als Begründung wurde die nationale Sicherheit angegeben. Also die treiben es schon ein bisschen weit... Ergänzung vom 12.04.07: Der König persönlich hat den Schweizer am 11.04.07 begnadigt. Er wurde unverzüglich des Landes verwiesen.

Anschliessend fuhr ich dann noch die letzten paar Kilometer bis zum höchsten Punkt in "Thailand" ("Doi Inthanon", 2'565 M.ü.M.). Viel zu fotografieren gab es aber nicht, denn die Thailänder hatten ein meteorologisches Observationszentrum hingebaut... :-( Anschliessend machte ich mich auf den Weg zurück nach "Chiang Mai". Unterwegs stoppte ich noch bei dem schönen Wasserfall "Wachirathan" und in der Stadt "Lam Phun". Diese Stadt ist quasi die ältere Schwester von "Chiang Mai". Beide wurden im genau gleichen Stil errichtet. Allerdings hat "Lam Phun" in der Geschichte nie den gleichen Stellenwert erreicht wie "Chiang Mai". Trotzdem steht dort eine der wichtigsten buddhistischen Stätte von "Nord-Thailand", das "Wat Phra That Hariphunchai".

Somit hatte ich wieder einmal eine ziemliche Überdosis an buddhistischen Tempelanlagen bekommen. Aber irgendwie faszinieren mich diese reich verzierten, photogenen Tempelanlagen immer wieder.

Als ich dann abends um 18:00 wieder wohlbehalten in meinem Gasthaus in "Chiang Mai" ankam, war ich ziemlich froh. Denn erstens hatte sich mein Allerwertester nach über 800 km im Sattel auch schon besser angefühlt, und zweitens hatte ich auch ziemlich die Nase voll von dem risikoreichen Fahrstil der Nord-Thailänder. Das war das erste Mal auf meiner Reise gewesen, dass ich so viele Kilometer mit einem eigenen Fahrzeug zurückgelegt hatte. Wenn man selber fährt, wird einem das lokale Fahrverhalten noch viel stärker bewusst, als wenn man mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist. In der "Schweiz" kann man doch immerhin noch behaupten, dass vielleicht 80% der Verkehrsteilnehmer sich sowohl ihrer eigenen Verantwortung als auch der Verantwortung gegenüber den restlichen Verkehrsteilnehmern bewusst sind. In "Nord-Thailand" scheint dieses Verhältnis gerade umgekehrt zu sein. Die Leute fahren hier z.T. so risikoreich, dass es einem manchmal fast schwindlig wird. Ein "Saengthaew"-Fahrer (Pickup-Fahrer), der eine unübersichtliche Kurve nicht schneidet, oder ein Motorradfahrer, welcher vor dem Einbiegen in eine Hauptstrasse nach links und rechts schaut, scheinen hier nur halbe Männer zu sein. Die Leute übernehmen weder für sich selber noch für die übrigen Verkehrsteilnehmer die Verantwortung. Alle haben das Gefühl, dass immer die Anderen aufpassen müssen. An was es liegt, weiss ich auch nicht. Faulheit, Dummheit, fehlende Ausbildung und/oder fehlendes Risikobewusstsein?

Wie auch immer, in "Chiang Mai" habe ich mir noch einmal einen gemütlichen Tag gemacht, bevor ich ich mich am Freitagabend nach "Groonthayp (Bangkok)" fahren lasse. Unterdessen ist in "Thailand" die Hitzewelle eingetroffen. Bin gespannt, wie sich dies in "Bangkok" anfühlen wird... ;-)