Sonntag, 3. Juni 2007

Bericht 074 (29.05.07 bis 03.06.07)

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Der letzte Bericht endete mit der Ankunft an der nepalesischen Grenze bei "Kodari". So etwas hatte ich noch bei keinem Grenzübergang erlebt. Als läge zwischen "Tibet" und "Nepal" die Distanz von zwei Planeten, tauchten wir mit dem Überschreiten der "Friendship Bridge" in "Nepal" plötzlich in eine ganz andere Welt ein. Vom tibetischen "Buddhismus" zum nepalesischen "Hinduismus". Und obwohl die beiden Religionen den gleichen Ursprung haben, sind sie und ihre Gläubigen doch so unterschiedlich.

Obwohl der Grenzübergang ein ziemlich abgelegener Grenzübergang ist, gingen die ganzen Formalitäten erstaunlich reibungslos über die Bühne. Schon nach 15 Minuten hatten wir alle drei ein nepalesisches Visa in den Pass geklebt bekommen (US$ 30.00) und konnten uns auf die Suche nach einer Fahrmöglichkeit für die Weiterreise machen. Dies lief dann allerdings nicht mehr so reibungslos. Wir waren weit und breit die einzigen Touristen, und somit ein begehrtes Ziel für alle Abzocker-Taxi- und -Jeep-Fahrer. Weil wir nirgends einen vernünftigen Preis erhielten, blieb uns nur der extrem langsame Bus. Für die ca. 20 Kilometer bis nach "Barabise" benötigten wir über zwei Stunden, und dies auf der hintersten, harten Sitzreihe auf einer holprigen, staubigen Strasse und rauchenden Buspassagieren.

Wie auch immer, in "Barabise" konnten wir dann in einen anderen Bus wechseln, welcher nach "Kathmandu", der nepalesischen Hauptstadt, weiter fuhr. Nach einer über 15-stündigen, nervenaufreibenden Reise vom tibetischen "Mount Everest Base Camp" bis nach "Kathmandu", waren wir dann nicht ganz unglücklich, endlich angekommen zu sein.

In "Kathmandu" trennten sich vorläufig die Wege vom belgischen Pärchen (Katrin und Peter) und von mir. Sie hatten sich entschieden für ihre letzten Ferientage ein luxuriöses Hotelzimmer zu nehmen. Ich suchte mir eine Bleibe im Backpacker-Quartier "Thamel". Nach einer wohltuenden Dousche (der ersten nach drei Tagen... ;-) ...) und einer grossen Mahlzeit (der ersten an diesem Tag... :-( ...) schlief ich dann wie ein Murmeltier.

Mit lange ausschlafen war allerdings nichts. Ich musste am Dienstsgmorgen direkt zur indischen Botschaft, um mir ein Visa zu beschaffen. Das war wieder einmal eine unglaubliche Bürokratie. Zuerst anstehen, um ein Telex-Formular zu erhalten. Dieses ausfüllen und wiederum anstehen, um es abgeben zu können. Das Formular wurde dann nach "Indien" geschickt, wo es geprüft und der Visa-Entscheid zurück nach "Kathmandu" gesendet wurde. Ich hatte Glück, denn mein Visa-Entscheid sollte gerade noch vor dem Wochenende (Freitag) zurück sein.

Nach zwei Stunden auf der Botschaft konnte ich mich dann an die Erkundung von "Kathmandu" und dem "Kathmandu-Tal" machen.

"Kathmandu" ist eine richtige Dreckstadt. Allerdings nur im wörtlichen Sinne. So viel Abfahl, Staub, Verkehr und Huplärm sowie so schlechte Strassen und so viele Stromausfälle in einer Hauptstadt hatte ich noch nie gesehen. Aber ansonsten ist "Kathmandu" eine faszinierende Stadt. Da muss man selten weiter als 50 Meter laufen, um wieder etwas neues, aussergewöhnliches zu entdecken. Unendliche viele Schreine, Tempel, Shops, Restaurants, Leute, etc. machten einen Spaziergang in "Kathmandu" nie langweilig.

Allerdings ging mir das Quartier "Thamel", das Backbacker-Ghetto von "Kathmandu", schon ziemlich schnell ziemlich auf die Nerven. Nach über 40 Jahren Erfahrung mit internationalen Touristen ("Kathmandu" war schon Ende 60er/Anfang 70er Jahre ein beliebter Hangout-Ort der Hippies) wussten die Newaris, wie der Hase läuft. Ich wechselte deshalb nach zwei Nächten in ein besseres, günstigeres und ruhigeres Hotel ausserhalb von "Thamel".

Mittwoch bis Samstag verbrachte ich vorwiegend mit Sight-Seeing:

Am besten hat mir "Bhaktapur", eine der drei grossen Städte des "Kathmandu-Tales" gefallen. Eine Stadt, in der man sich vorkommt, als würde man durch ein riesiges Open-Air-Museum laufen. Auch sehr eindrücklich war der Besuch der Tempelanlage "Pashupatinath". Am Fluss, welcher neben der Tempelanlage vorbei fliesst, werden auf offenen Feuern die verstorbenen Newaris kremiert. Nicht unbedingt der schönste Anblick, wenn plötzlich ein angebranntes Bein aus einem Feuer fällt. Die Überreste der Feuerstellen werden in den Fluss gekippt. Nur ein paar Meter flussabwärts stehen dann ein paar Männer in dem stinkenden Fluss und fischen nach Ringen, Goldzähnen etc. Etwas gewöhnungsbedürftig.

Währenddessen hatte ich am Freitag noch einmal meinen Botschaftstag. Als ich mich auf den Weg zur indischen Botschaft machte, staunte ich nicht schlecht, als auf einer der Hauptverkehrsachsen von "Kathmandu" nicht ein einziges Auto zu sehen war. Nur vereinzelte Motorradfahrer waren auszumachen. Erst im Verlauf des Nachmittages erfuhr ich, was los war. Es war wieder einmal "Bandha"-Tag (Streik). Aber die indische Botschaft hatte zum guten Glück geöffnet. Dort hiess es dann wieder am Morgen eine Stunde anstehen, um zu prüfen, ob mein Visa-Entscheid aus "Indien" positiv war (er war's... ;-) ...), und dann eine Stunde anstehen, um meinen Pass abgegeben zu können. Am späten Nachmittag musste ich noch einmal antanzen, um den Pass mit dem Visa wieder abzuholen. Mit gesamthaft fünf Stunden Schlange stehen und 3'300 nepalesischen Rupien (ca. CHF 63.00 bzw. US$ 51.20) war dies sowohl zeitlich als auch monetär gesehen mein bisher teuerstes Visa. Fairerweise muss ich aber sagen, dass die Leute auf der indischen Botschaft in "Kathmandu" zu den freundlichsten Botschaftsangestellten gehören, welche ich bis anhin getroffen hatte, und dass ich nun ein "six months multiple entry visa" habe, was man sonst praktisch nirgends erhält.

Den Sonntag verbrachte ich teilweise wieder einmal mit dem süssen Nichtstun. Aber auch die Organisation meiner Weiterreise am Montag sowie ein bisschen Shopping musste erledigt werden.