Freitag, 6. Juli 2007

Bericht 080 (28.06.07 bis 03.07.07)

Link zum aktuellen Foto-Set: Indien während der Monsunzeit

Für den Donnerstagnachmittag hatte ich ein Ticket für die bekannte Zugverbindung 2952 ("Rajdhani Express") gekauft. Dieser Zug sollte um 16:30 startend in 16 Stunden die 1'384 Kilometer zwischen "Delhi" und "Mumbai" (früher auch "Bombay" genannt) abspulen. Mit nur 20 minütiger Verspätung ging es los. Ich hatte wieder die Klasse "AC3" gebucht. Kurz nach Anfahrt des Zuges begangen die Zugangestellten mit dem Service. Ich hatte erfahren, dass ein Nachtessen im Ticketpreis inbegriffen war. Was dann allerdings folgte, würde so manche Airline blass daneben aussehen lassen. Zuerst erhielt jeder Passagier eine Flasche Wasser. Dann wurden Snacks verteilt. Als nächstes war dann Tee (eine kleine Thermoskanne für jeden Passagier) an der Reihe. Es folgte eine Suppe und danach das Abendessen mit Eiscrème als Nachspeise. Zu guter Letzt erhielt dann jeder noch sein Schlafzeugs (Kopfkissen, Leinentücher und Wolldecke) für die Nachtruhe. Am nächsten Morgen wurde natürlich wieder Tee und Frühstück serviert. Weniger gut war dann allerdings, dass der Zug mit über drei Stunden Verspätung in "Mumbai" ankam.

In "Mumbai" hatten die Monsunregenfälle schon mehr als eine Woche zuvor begonnen. Und auch am Tag meiner Ankunft regnete es in Strömen.

In meinem Guidebook hatte ich gelesen, dass die Unterkünfte in "Mumbai" sündhaft teuer wären. Im ersten Hotel, in welchem ich versuchte ein Zimmer zu bekommen, wollte die mir doch tatsächlich für CHF 26.50 ein Zimmer geben, welches ich am besten mit "Schuhbox" umschreibe. Die Türe des Zimmers öffnete sich gegen aussen. Dies mit gutem Grund, denn es gab kein Platz, um die Tür gegen innen zu öffnen, weil das Zimmer zu 80% von einem schmalen Bett ausgefüllt war. Am Bettende (in der Nähe der Zimmertüre) und auf der linken Bettseite waren gerade noch ca. 30 bis 40 cm freier Platz, um sich ins bzw. aus dem Zimmer zwängen zu können. Die Zimmerhöhe war nicht viel besser. Wenn ich auf meinen Zehen wippte, schlug ich meinen Kopf an der Decke an. Ausserdem wäre das Bad und die Toilete jeweils auf verschiedenen Stockwerken gewesen. Ich lehnte dankend ab. Bei meinem nächsten Versuch war ich dann erfolgreicher. Das Zimmer konnte man zwar ebenfalls mit "Schuhbox" bezeichnen, allerdings verdiente es zumindest das Adjektiv "grosse Schuhbox". Und da es 60% günstiger war, schluckte ich diese Kröte.

Mit Regenschirm machte ich mich danach auf "Sight-Seeing-Tour". Da gab es ein paar imposante, britische Kolonialbauten zu bestauen. Aber eben, wegen den starken Regenfällen konnte man es kaum wagen, die Kamera hervor zu nehmen. Richtig Spass wollte dies deshalb nicht machen.

Nicht sonderlich erstaunlich war am nächsten Morgen, dass es immer noch gleich stark regnete. "Mumbai" bei Monsun hielt mich nicht wirklich länger, weshalb ich am Morgen als erstes im Gasthaus auscheckte und zum Bahnhof ging, um mir ein Weiterreise-Ticket zu besorgen. Am Hauptbahnhof ("CST" bzw. "Victoria Terminus") herrschte das pure Chaos. Wegen Überschwemmungen waren an diesem Tag 80% der Züge gestrichen worden. In der Schalterhalle waren nur gerade drei Schalter offen, wobei man allerdings nur bei zwei Tickets kaufen konnte. Und dies im Hauptbahnhof in einer 16-Millionenstadt... :-( Selbstverständlich war der Touristenschalter ebenfalls geschlossen. Ich musste deshalb 1.5 Stunden in einer Schlange anstehen, in der sich die Inder wieder einmal tragische Szenen lieferten. In "Indien" scheint nichts zu gehen, ohne das nicht geschriehen, gestritten oder gar Handgreiflichkeiten ausgetauscht werden. Selbstverständlich waren alle Tickets für den Nachtzug nach "Goa" für diesen Tag ausverkauft. Ich bekam nur noch ein Ticket für den nächsten Tag. Also zurück ins Gasthaus und wieder einchecken.

Ich hatte mir in "Delhi" einen dicken Band mit gesammelten "Sherlock Holmes"-Geschichten gekauft. Ich setzte mich im nahe gelegenen Luxushotel "Taj Mahal Palace & Tower" in der Lobby in einen Ledersessel und verbrachte einen gemütlichen Nachmittag mit Lesen.

Am Sonntagmorgen regnete es zur Abwechslung einmal nicht. Ich beschloss trotz grauem Himmel die Stadt noch ein bisschen zu erkunden. Aber die Wolken hielten nicht lange dicht. Das Interessanteste, was ich sah, war das "Mahatma Gandhi"-Museum "Mani Bhavan". Gegen den späteren Nachmittag sass ich wieder im gleichen Ledersessel wie am Vortag und las die Sonntagszeitungen und "Sherlock Holmes"-Geschichten. Die Zeitungen schrieben, dass der Samstag einer der schlimmsten Monsuntage der vergangenen Jahre gewesen war. An vielen Stellen in "Mumbai" soll das Wasser bis einen halben Meter hoch gestanden haben. Mein Quartier war zum guten Glück nicht betroffen gewesen.

Gegen 22:00 war ich mit meinem Gepäck wieder beim Bahnhof, um meinen Zug nach "Goa" zu besteigen. Im Bahnhof spielten sich Szenen ab, die noch nie gesehen hatte. Polizisten mit Bambusstöcken schlugen auf Passagiere ein, damit diese halbwegs geordnet die einfahrenden Züge stürmen konnten, ohne sich gegenseitig zu erdrücken oder an den Hals zu springen. Diese Szenen spielten sich vor allem bei den Wagen der dritten und z.T. bei der zweiten Klasse ab. Ich hatte zum guten Glück wieder "AC3" gebucht, wo das Platz nehmen etwas gesitteter von statten ging.

Der Zug hatte natürlich wieder einmal zwei Stunden Verspätung, so dass die Fahrt erst um 01:00 startete. Ausserdem teilte ich dann auch noch das Abteil mit ganz reizende Personen. Kaum waren sie (die drei indischen Männer zwischen 30 und 40) im Abteil, zogen sie sich bis auf die Shorts aus, streckten ihre fetten Bäuche in die Höhe und unterhielten sich in einer Art und Weise, als wären sie pubertierende Halbstarke. Das versprach eine tolle Fahrt zu werden... :-(

Von "Mumbai" habe ich wegen den Regenfällen nicht wirklich viel gesehen. Allerdings gibt es in der indischen Film-Metrolole "Bollywood" im Vergleich zu "Hollywood" auch nicht so viel zu sehen. Filmstudios oder ähnliches können nicht besucht werden. Ein anderes Detail fand ich aber ziemlich interessant in "Mumbai". Es waren dies die Taxis. Die schwarzen Autos mit gelbem Dach aus den 50er-Jahren waren alle mit einem Taximeter ausgestattet. Allerdings war diese uralten, mechanischen Meter nicht etwa in der Kabine, sondern auf der Beifahrerseite anstelle eines Rückspiegel ausserhalb der Kabine angebracht. Und um es zu starten klappte man als Passagier beim Einsteigen am besten gleich selber die Klappe herunter... ;-)

Trotz meinen schnarchenden Abteilgenossen verbrachte ich im Zug eine erholsame Nacht. Mit "nur" vier Stunden Verspätung kam ich dann in "Goa's" Bahnhof "Karmali" an. Ich dachte mir, dass ich, wenn ich schon am Bahnhof war, doch gerade mein Weiterreiseticket organisieren könnte. Obwohl nur zwei Personen vor mir waren, musste ich eine halbe Stunde warten, bis ich an die Reihe war. Der Typ am Schalter war die Ineffizienz in Person. Er gab mir zwar Informationen. Es waren aber definitiv nicht diejenigen, die mir in den Kramm bzw. in meine Reisepläne passten.

Nach 45 verschwendeten Minuten und ohne Weiterreiseticket fuhr ich in die Hauptstadt "Panaji" von "Goa". Bei der Busstation von "Panaji" gab es ein "Ticket Office" der Eisenbahn. Allerdings musste man dort zuerst 10 Rupien bezahlen, um überhaupt eine Nummer zu erhalten, welche später aufgerufen werden sollte. Obwohl sie in diesem Büro das genau gleiche Computersystem hatten, wie am Bahnhof in "Karmali", erhielt ich komplett andere Informationen. Aber auch die wollten nicht zu meinen Reiseplänen passen.

Ich fuhr weiter nach "Calancute". Von anderen Reisenden hatte ich erfahren, dass in den kleineren Strandorten von "Goa" viele Gasthäuser und Restaurants während der Monsunzeit ihre Pforten geschlossen hatten. Deshalb hatte ich den etwas grösseren Ferienort "Calancute" ausgewählt. Ich quartierte mich im Gasthaus "Coco Banana" ein, welches von einem Inder und einer Schweizerin geführt wird. Wie sich herausstellte, ein etwas komisches Gasthaus. Anbei ein Ausschnitt aus den Hausregeln: "[...] Visitors are not allowed. If you meet "Miss Darling" or "Mister Fantastic" make sure it is their room. [...]" Im schwarz-weiss gekachelten Badezimmer stand auf einer weissen Kachel in grossen, schwarzen Buchstaben: "NO SEX HERE". Ich hab's auf jeden Fall nicht ganz begriffen, ob dies jetzt besonders originell sein sollte, oder als Befehl betrachtet werden musste. Wie auch immer, nicht wirklich ein Problem für mich, denn erstens ist mein "Darling" in "Bangkok". Zweitens hatte ich während meiner bisherigen Reise durch "Indien" nicht ein einziges Mal das Gefühl, dass ich persönlich hier je ein "Darling" finden würde. Ach, und drittens, hübsche Touristinnen hatte es wegen der Tiefsaison natürlich auch keine.

Am Dienstag machte ich ein bisschen "Goa-Sight-Seeing". Ich fuhr zuerst nach "Old Goa", der frühren Hauptstadt von "Goa". Dort gab es zahlreiche, 500-jährige Kirchen zu besichten, welche portugiesischem und spanischem Ursprungs sind. Das war irgendwie speziell in "Indien" dieses europäisch anmutende, schöne Städtchen zu besichtigen.

Anschliessend fuhr ich in den Süden von "Goa" um dem angeblich schönsten Strandabschnitt von "Goa" einen Besuch abzustatten. Der Strand bei "Palolem" mag während den Wintermonaten schön sein. Während der Monsunzeit war er es allerdings definitiv nicht. Noch unschöner war, dass ich schon nach wenigen Schritten am Strand in einen klebrigen Teerklumpen trat, der mit Sand verdeckt gewesen war. Ich durfte am Abend dann eine Stunde damit verbringen, diese klebrige Masse wieder von meinen Schuhsohlen zu kratzen... :-(