Freitag, 14. September 2007

Bericht 086 (06.09.07 bis 14.09.07)

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Nachdem wir beim Bahnhof von "Nha Trang" ein Zugticket für meine Weiterreise am nächsten Tag besorgt hatten, setzte mich mein "Easy Rider" Xuân in einem Gasthaus ab. Es war erst 15:00, so dass ich noch drei Stunden übrig hatte, um diesen Ort zu erkunden. "Nha Trang" ist ähnlich wie "Sihanoukville" in "Kambodscha" eine Grossstadt mit einem schönem Strand und der entsprechenden Touristeninfrastruktur. Der Strand war wirklich ganz in Ordnung. Die Wasserqualität liess allerdings wegen der hinter dem Strand liegenden Grossstadt sehr zu wünschen übrig.

In der Stadt gab es ausserdem noch hinduistische Tempeltürme der Cham-Kultur ("To Po Nagar Cham Türme), einen farbenfrohen Fischerhafen sowie eine grosse, liegende Buddha-Statue zu besichtigen. In meinem Gasthaus fragte ich an der Rezeption, was ein Motorrad für den Hin- und Rückweg kosten würde. Nachdem mir der Rezeptionist den Preis genannt hatte, wollte ich mich schon aufmachen, um einen Motorradfahrer zu suchen. Der Rezeptionist winkte allerdings ab und sagte, dass er mich fahren würde. Naja, der genannte Preis erschien mir Ok, so dass ich mich von ihm fahren liess. Auf dem Motorrad erzählte er mir dann seine ganze Lebensgeschichte (vom Cyclo-Fahrer zum Fotografen, Touristenführer und Rezeptionisten). Nachdem ich alle Sehenswürdigkeiten angeschaut hatte, zeigte er mir im Gasthaus seine Bilder. Wirklich tolle Bilder. Ein paar der Bilder können auf seiner Website oder auf osloart.com (suche Artist "Mai Loc") angesehen werden.

Am Abend wollte ich mich dann in das bekannte Nachtleben von "Nha Trang" stürzen. Wegen der Tiefsaison war aber so gut wie gar nichts los. War aber wahrscheinlich auch besser, denn so konnte ich doch noch mit halbwegs genügend Schlaf am Freitagmorgen um 04:45 wieder aufstehen, meine Sachen packen und zum Bahnhof fahren, wo um 05:40 schon mein Zug nach "Đà Nẵng" abfuhr.

Ich habe im Internet gelesen, dass die Strecke von "Hoh Chi Minh City (ehemals Sàigòn)" bis in nach "Vila Real de Santo António" im Süden von "Portugal" die längst mögliche Strecke der Welt (17'852 km / 12 Länder) ist, die man ausschliesslich mit der Eisenbahn bereisen kann. Ein grossen Teil dieser Strecke werde ich auf meiner Heimreise ebenfalls mit dem Zug abklappern. Die Strecke von "Nha Trang" nach "Danang" (524 km) war nun der erste Teil.

Die vietnamesische Eisenbahn ist sehr gut organisiert und befolgt ihren Fahrplan fast schon mit Schweizer Präzision. Als ich pünktlich in "Danang" ankam, wollte ich direkt ins 30 km entfernte Kleinstädtchen "Hội An" weiterreisen. Dies stellte sich dann allerdings nicht als so einfach heraus, weil man als Tourist auf den öffentlichen Verkehrsmitteln gnadenlos abgezockt wurde... :-(

Gegen 15:30 kam ich dann, nachdem ich doch noch einen halbwegs vernünftigen Preis aushandeln konnte, in "Hoi An" an. Diese Kleinstadt ist v.a. für zwei Dinge bekannt. Erstens für die schöne Altstadt (UNESCO-Weltkulturerbe) mit verschiedenen architektonischen Einflüssen aus "Europa" und "Asien" und zweitens für seine über 200 Schneidegeschäfte, wo man sich praktisch jeden Kleiderwunsch relativ günstig massgeschneidert erfüllen lassen kann.

Weil "Hoi An" grösstenteils vom Tourismus lebt, und in der Tiefsaison nicht genügend Touristen unterwegs sind, wurden die vorhanden Touristen entsprechend von allen möglichen Verkäufern attackiert. Sprüche wie "Please buy from me. You are my first customer today.", "Open your heart, open your wallet." oder "Very cheap." sowie die obligaten Rufe "Motor bike" musste musste man sich alle 10 Meter anhören. Abgesehen davon war die Altstadt wirklich sehr schön und gepflegt.

Am Samstagmorgen stand ich schon wieder um 05:00 auf. Ich wollte die Ruinen "My Son" der indisch beeinflussten "Cham"-Kultur 40 km ausserhalb von "Hoi An" bei Sonnenaufgang und ohne Touristen besichtigen. Die Ruinen war interessant. Nachdem ich aber schon in "Indien" war, hätte ich mir diesen Ausflug auch sparen können.

Wieder zurück in "Hoi An" konnte ich dann der Versuchung nicht wiederstehen für US$ 50.00 einen Anzug massschneidern zu lassen. Schon abends um 20:00 sollte ich wieder im Schneidergeschäft für die erste Anprobe erscheinen. Das Jackett war dann zu lang und die Hosen zu eng. Aber schon am Samstagmorgen waren diese Fehler ausgemerzt. Nachdem dann noch zwei weitere Schönheitsfehler innerhalb Stundenfrist eliminiert wurden, war mein Anzug bereit für den Versand. Dafür wurde eigens ein Postbeamter ins Schneidergeschäft gerufen. Dieser brachte dann gerade eine Waage, eine leere Kartonschachtel sowie die notwendigen Ausfuhrformulare mit. Gemäss Preisliste, die mir vorgängig gezeigt worden war, rechnete ich mit weniger als US$ 25.00 für den Versand. Dass dann noch zusätzlich eine heftige Mehrwertsteuer und ein Ausfuhrzoll (wahrscheinlich eine speziell in "Hoi An" zur Anwendung gebrachte Erfindung des vietnamesischen Fiskuses) dazu kamen, hatte mir leider niemand gesagt. Oder war der Ausfuhrzoll ein "Scam", dem ich mangels Zeit (ich musste meinen Zug 1.5 Stunden nach Fertigstellung meines Anzuges erreichen) auf den Leim ging. Wie auch immer, am Schluss waren dann die Versandkosten fast gleich teuer wie der Anzug... :-( Tortzdem bin ich nun gespannt, wie sich mein Anzug im Alltag bewähren wird.

Nachdem die Anzuggeschichte erledigt war, ging die Reise weiter. Am Sonntagnachmittag um 13:00 fuhr mein Nachtzug von "Danang" nach "Hà Nội" (791 km). Die ersten drei Stunden bis nach "Huế" führten durch ein bergiges Küstengebiet. Die Sicht auf unzählige Buchten, Strände, den Regenwald und das offene, "Südchinesische Meer" waren super schön.

Am Montagmorgen erreichte ich um 06:10 ausgeschlafen "Hanoi". Dass im Norden ein anderer Wind wehen würde wie im Süden, bekam ich schon bald vor Augen geführt. Ich sah Uniformierte, welche am Bahnhof Strassenkindern in die Nieren traten und in den Strassen Marktfrauen und ihre Waren mit Geschrei und Stöcken vertrieben. Auch die auf Kundschaft lauernden Motorradfahrer und die "Touts" erschienen mir in "Hanoi" einiges aggressiver. Aber vielleicht lag das ja alles nur am schlechten Wetter.

Nachdem ich mich in einem Hotel einquartiert hatte, machte ich die erste Erkundungstour der Stadt und seiner 10'000 "Travel Agents". Ich wollte nämlich schon am nächsten Tag eine zweitägige Bootstour in der "Halong-Bucht" starten. Unglaublich. Wenn jemand mit seinem Geschäft in "Hanoi" Erfolg hat, wird er gnadenlos kopiert. In einer Strasse gab es fünf Reisebüros, welche alle den gleichen Namen und das gleiche Logo benutzen. Aber nur eines war das Original.

Am Dienstagmorgen um 08:00 ging das Touri-Programm für die Tour zur "Halong-Bucht" los. Abgeholt im Hotel mit dem Minibus von "Vega Travel", drei Stunden Fahrt bis zum Touristenhafen in "Halong City", von wo alle Touren beginnen, Transfer auf unser Boot. Und dann musste man sich gerade für das Mittagessen an den Tisch setzen. Ich hatte es gut erwischt. Mit mir waren noch acht weitere Touristen (drei Holländer, zwei Amerikanerinnen, ein Schweizer, eine Norwegerin und ein Engländer) an Bord, die alle mehr oder weniger im gleichen Alter wie ich waren. Auf dem Schiff waren ausserdem fünf Crew-Mitglieder (die meistens am Rauchen waren) und unser Führer.

Es ist relativ schnell erzählt, was in den nächsten zwei Tagen passierte. Wir fuhren in der atemberaubend Bucht herum und hielten bei verschiedenen Sehenswürdigkeiten. Nach ein bisschen Paddeln mit Kayaks, einem kurzem Schwumm (wahrscheinlich mein letzter auf dieser Reise) im leider mit ziemlich viel Abfall belasteten Wasser und einem Sonnenuntergang mit teilweise blauem Himmel (es war ansonsten den ganzen Tag bewölkt gewesen) gab es nach dem Nachtessen für die Touristen das obligate Bier trinken auf dem Sonnendeck und für die Crew das allfünfminütige Kontrollieren, ob auch jeder genügend Striche auf der Getränkeliste gemacht hatte.

Am Mittwochmorgen war es leider wieder bewölkt und regnerisch. Ich hatte einen Zweitagesausflug gebucht, während alle anderen sich für drei Tage verpflichtet hatten. Sie wurden nach dem Frühstück auf die Insel "Cát Bà" transportiert, während ich mit anderen Touristen, die von "Cat Ba" kamen, wieder zurück nach "Halong City" bzw. danach nach "Hanoi" transportiert wurde. Die "Halong-Bucht" (UNESCO-Weltnaturerbe) zu besichtigen war wirklich sehr eindrücklich. Leider sind allerdings sogar in der Tiefsaison einfach zuviele Touristenboote unterwegs. Auch die omnipräsenten Nussschalen, derren lautstarke Ruderinnen den Touristen versuchen Zigaretten, Whiskey und Pommes Chips zu verkaufen, sind dem Naturgenuss nicht wirklich dienlich. Zu guter Letzt macht auch der von den Touristen und den in der Bucht lebendenden Vietnamesen (z.T. auf frei schwimmenden Häusern) ins Wasser geworfene Abfall die Bucht nicht wirklich schöner.

Am frühen Mittwochabend feierte ich - zwar alleine - aber mit einem "Bia Ha Noi" meine 1'000'000'000ste Lebenssekunde.

Damit blieben mir noch der Donnerstag und der Freitag, um "Hanoi" zu besichtigen. Am Donnerstag regnete es dann allerdings in Strömen bis in den späten Nachmittag hinein. Naja, mir war's egel. Erstens gefällt mir "Hanoi" eh nicht sonderlich (zuviel Verkehr und zuviele unfreundliche Leute), und zweitens konnte ich so noch ein paar organisatorische Dinge für meine Weiterreise erledigen. Am Abend hatte ich mich dann mit einem freundlichen, jungen "Hanoi"-Pärchen, das ich in "Dalat" kennen gelernt hatte, für ein Bierchen verabredet. Das wurde ein lustiger, sprachlich verwirrender Abend, weil wir keine gemeinsame Sprache sprechen konnten. Er konnte neben Vietnamesisch nur Englisch, und sie neben Vietnamesisch nur Französisch... ;-)

Den Freitag liess ich dann ebenfalls gemütlich angehen, denn meine Weiterreise nach "China" sollte erst abends um 18:30 losbgehen. Dazu dann aber mehr im nächsten Bericht.

Damit ist es wieder an der Zeit ein kleines Fazit über ein Land zu ziehen. Ich verbrachte allerdings nur zwei Wochen in "Vietnam", so dass dieses Fazit etwas kürzer ausfallen wird.

Leute und Tourismus

Bevor ich nach "Vietnam" reiste , hatten mir zahlreiche Touristen gesagt, dass sich in "Vietnam" der Tourismus und die Leute in den vergangenen fünf Jahren nicht wirklich zum Positiven verändert hätten. Als ich dann in "Südvietnam" war, erschienen mir die Leute zwar nicht als extrem freundlich, aber die Umgangsformen mit Touristen war ganz passabel. Schnell bemerkte ich aber, dass die Vietnamesen ein cleveres und fleissiges Völkchen (über 80 Mio. Einwohner) sind, die den Touristen gerne möglichst schnell und viel "Dolllllllars" abknöpfen wollen. Ansonsten staunte ich, wie die Vietnamesen unter einem kommunistischen System in nur 20 Jahren ihr Land modernisiert haben. Da könnte sich manches Entwicklungsland ein Beispiel nehmen. In "Südvietnam" sagten mir dann die Leute, dass die Nordvietnamesen im Vergleich einiges unfreundlicher wären. Ich habe in "Nordvietnam" nur "Hanoi" und die "Halong-Bucht" besucht. Zumindest für diese Orte kann ich diese Aussage grösstenteils unterstützen. Unfreundlich, unehrlich gegenüber Touristen und nicht ein bisschen hilfsbereit, wenn man ein Anliegen hat. Zwei kleine Beispiele: Als ich in "Hanoi" in einem Restaurant in meiner Mahlzeit nach den im Menü erwähnten Shrimps suchte, erklärte mir die Serviertochter, dass die Shrimps schon drin wären. Sie seien allerdings so klein, dass ich sie nicht sehen (und natürlich auch nicht schmecken) könnte. Touristen sind ja schon dumme Leute... Zweites Beispiel. Frägt man in "Hanoi" jemanden nach dem Weg, erhält man meistens eine Antwort, die etwa gleich hilfreich ist, wie die Antwort "etwas zwischen 0 und 10" auf die Frage, was 2 plus 2 ergeben würde. Ansonsten sind die Vietnamesen wie praktisch alle Asiaten stark geldorientiert. Anders ist in "Vietnam" allerdings, dass die Leute mit den Ressourcen (Strom, Benzin, Papier, etc.) sehr sparsam umgehen. Natürlich nicht der Umwelt zuliebe, sondern der Brieftasche zuliebe.

Überwachung, Kommunismus, Sicherheit

Mit Ausnahme der Grossstädte muss man in allen Gasthäusern und Hotels seinen Pass abgeben, bevor man seinen Zimmerschlüssel erhält. Der Pass wird am Abend zur lokalen Polizeistation für die Registrierung gebracht. Fast schon kubanisches Ausmass an Überwachung. Ansonsten sieht man nicht viel Polizei und Militär in den Strassen. Aber jeder Vietnamese versichert einem, dass "Big Uncle" ("Hoh Chi Minh" wird von allen Vietnamesen als "mein Onkel" bezeichnet) sehr genau weiss, was Ausländer aber auch die Einheimischen den ganzen Tag so treiben. Wie weit diese Überwachung tatsächlich geht, kann ich nicht beurteilen. Wenn es sie wirklich gibt, dann ist sie auf jeden Fall sehr diskret. Ansonsten fühlte ich mich in "Vietnam" extrem sicher. Ich konnte zu jeder Tageszeit überall hingehen.

Verkehr

Ich hatte es schon in meinem letzten Bericht erwähnt. Die Dichte an Motorrädern in "Vietnam" wird wahrscheinlich von keinem anderen Land erreicht. In "Vietnam" wird ein Neugeborenes wahrscheinlich direkt nach der Niederkunft zu einem Motorradmechaniker gebracht und fest mit einem Motorradsattel verschraubt... ;-) In "HCMC" oder "Hanoi" kann man hingehen, wo man will. Man wird immer ein konstantes Grollen der Motorradmotoren in den Ohren haben. Als Fussgänger ist man in diesen Städten auf ziemlich verlorenem Posten. Auf der Strasse fahren Millionen von Motorrädern und die Bürgersteige sind entweder von den Auslagen der Geschäfte oder von parkierten Motorrädern verstellt, so dass man nervtötende Zickzack-Wege laufen muss.