Montag, 13. März 2006

Wochenbericht 014 (06.03.06 bis 12.03.06)

Am Montag um 11:00 kam ich nach einer Nachtbusfahrt (Real Expresso , 17 h, ca. 1050 km) von "Lençois" kommend in "Brasília" an. "Brasília" ist die Hauptstadt von Brasilien mit ca. zwei Mio. Einwohnern. Sie wurde Anfang der 60er-Jahre vom damaligen Präsidenten von Brasilien "Juscelino Kubitschek de Oliveira (JK)" zusammen mit berühmten Architekten wie z.B. "Oscar Niemeyer" in der Form eines Flugzeuggrundrisses geplant und innerhalb von drei Jahren aus dem Boden gestampft. Praktisch alle brasilianischen Ministerien haben in der gleichen Strasse, quasi als Fenster des Flugzeuges, einen identisch aussehenden Bürokomplex erhalten. Im Cockpit des Flugzeuges wurde das Parlament gebaut. In "Brasília" dreht sich also so ziemlich alles um Politik und Staatsverwaltung. (Bild 1: Aussicht vom Fernsehturm in Richtung "Cockpit")

Die Stadt wurde so geplant, dass man eigentlich nur mit einem Auto und einer guten Klimaanlage über die Runden kommt. So ist die Hauptstrasse durch das Zentrum teilweise sechsspurig in eine Richtung gebaut, und die Distanzen zwischen zwei Strassenkreuzungen kann enorm sein. Praktisch niemand scheint hier zu Fuss unterwegs zu sein, denn auch die Temperaturen erreichen des öfteren die höheren Thermometergefilde. Nur ein verrückter Schweizer Backpacker ist zu Fuss unterwegs... ;-) Dazu aber später mehr... (Bild 2: Jeder Klotz ein Ministerium)

Ich war seit mehr als einem Monat keinen einzigen Tag alleine unterwegs. Immer hatte ich einen Reisegefährten oder war mit einer Tour oder etwas ähnlichem unterwegs. Nun war ich nicht ganz unglücklich, wieder einmal ein paar Tage alleine zu reisen. Wenn man alleine reist, kann man auch ein paar unübliche Sachen machen. Ich entschied mich, dass ich in "Brasília" nicht viel Zeit verbringen wollte. Als ich um 11:00 ankam, deponierte ich mein Gepäck bei der Gepäckaufbewahrung und kaufte mir direkt wieder ein Busticket für den gleichen Abend um 21:00 nach "Belo Horizonte". Danach machte ich mich auf, um "Brasília" zu Fuss zu erkunden. Ich lief die ganze "Eixe Monumental" vom "Memorial JK" bis zur "Ponte JK", welche anscheinend im Jahr 2002 als schönste Brücke der Welt ausgezeichnet wurde. Ich sah alle Ministerien, super-schöne Shopping Centers und verschiedene moderne Kirchen. Ausserdem ging ich zur Aussichtsplattform des Fernsehturms. Im Ganzen war ich acht Stunden unterwegs, und habe dabei bei ca. 35° sicherlich einen Halbmarathon zurückgelegt. Abends war ich dann ziemlich erschöpft. Aber zum guten Glück wartete ja ein kuscheliger Bussitz auf mich... ;-) (Bild 3: Santuário Dom Bosco / Bild 4: Ponte JK)

Auf jeden Fall verbrachte ich eine der angenehmsten Nachtbusfahrt, die ich bis jetzt gehabt hatte (Itapemirim, 11 h, 714 km). In einem bequemen Bus konnte ich fast die ganze Nacht tief und fest durchschlafen. Dienstagsmorgens erwachte ich dann in "Belo Horizonte", der dritt grössten Stadt von Brasilien. Innerhalb einer halben Stunde sass ich dann schon im nächsten Bus, welcher mich dann innerhalb von zwei weiteren Stunden nach "Ouro Prêto" brachte (Passaro Verde, 2 h, 99 km). Dort quartierte ich mich in einer kleinen, aber gemütlichen, Posada ("Pousada América") ein. Nach einer Nacht auf einem Felsen, einer Nacht in meiner Hängematte und zwei Nächten in einem Bus, hatte ich wieder einmal ein gutes Bett mit strahlend weissen Bettlaken und Kopfkissen. Jupie... ;-) (Bild 5: Pousada América)

"Ouro Prêto" ist eine gepflegte Kolonialstadt, welche ihre Blütezeit vor allem während dem Goldrausch im 18. Jahrhundert hatte. Da zu dieser Zeit viel Gold und Diamanten in dieser Region (der Bundesstaat "Minas Gerais" förderte dazumals mit Hilfe von schwarzen Sklaven 50% der weltweiten Goldproduktion zu Tage) gefunden wurde, war auch genügend Geld vorhanden, um verschiedene architektonische Wahrzeichen (v.a. Kirchen) zu errichten. Dazu wurden die jeweils bedeutensten Architekten und Künstler jener Zeit engagiert (z.B. Aleijadinho, der bedeutenste Küstler von Brasilien). (Bild 6: Ouro Prêto)

"Ouro Prêto" ist in einem sehr steilen Hügelgebiet gebaut. So kam es, dass mein erster Nachmittagspaziergang durch "Ouro Prêto" schon fast einer kleineren Bergwanderung entsprach. Auf diesem Spaziergang entdeckte ich auch ein Kino. Da ich vor Urzeiten in der Schweiz das letzte Mal im Kino gewesen war, ging ich an diesem Abend dann den Film "Memories of a Geisha" schauen. Die Wahl für den Film fiel mir übrigens nicht sonderlich schwer, denn es gab nur diesen. Ich kann ihn allerdings nicht vorbehaltslos weiter empfehlen. Ursprünglich wollte ich an diesem Abend eigentlich meinen letzten Wochenbericht im Internet publizieren. Leider war aber im ganzen Städtchen der Internet-Zugang wegen technischen Problemen nicht verfügbar. (Bild 7: Igreja de São Francisco de Assis mit der Aussendekoration von Aleijadinho)

Am Mittwoch war dann noch einmal ein ausführlicher Stadtrundgang bzw. eine Stadt-Trekking-Tour angesagt. Die vielen Kirchen und ihre reichhaltig mit Gold verzierten Fresken, Altare und Deckengemälde wollten besichtigt werden. Auch eine Goldmine (Mina do Chico Rei) ging ich durchforschen. Die Goldmine gehörte einem ehemaligen afrikanischen Stammeskönig. Nachdem er als Sklave seine Freiheit zurück erhalten hatte, kaufte er dem ehemaligen Minenbesitzer die Mine ab, und verwendete die Erträge aus der Mine, um seine Stammesleute aus der Sklaverei zu befreien. Ausserdem liess er mit dem Gold die Kirche "Igreja de Santa Efigência dos Prêtos" erbauen. (Bild 8: Andy in der Goldmine Chico Rei)

In der Nacht auf Donnerstag stand dann die Busfahrt nach "Rio de Janeiro" auf dem Programm (Util, 6.5 h, ca. 360 km). Ich war schon frühzeitig am Bus-Terminal, so dass ich das erste Mal Zeit hatte, mich mit meinen Reiseplänen für Asien auseinander zu setzen. Die Zeit rückt schnell näher, und ich sollte schon bald einmal meine Flugtickets nach und in Asien reservieren. Ziemlich nervtötend war allerdings, das irgend jemand vom Bus-Terminal als Hintergrundmusik eine "DJ Bobo"-CD. Das gibt es doch. Jetzt ist man in einem Land, welches betreffend Musik so viel zu bieten hat, und die lassen "DJ Bobo" laufen. Tsssss... :-(

Am Donnerstagmorgen um 04:30 kam ich in "Rio de Janeiro" am Bus-Terminal an. Dies ist natürlich keine Uhrzeit, um ein Zimmer zu suchen. Ich setzte mich deshalb bis um 07:00 auf eine Bank, und hatte endlich einmal Zeit, um das Kapitel über "Rio de Janeiro" in meinen Reiseführer zu lesen. Leider waren die Hotelpreise in Copacabana oder Ipanema nicht ganz in meinen Budgetregionen. Ich entschloss mich deshalb, im Viertel "Gloría" ein Zimmer zu suchen. Um 08:00 stand ich dann schon am Frühstücksbuffet des "Hotel Tourístico". Nachdem ich mich ein bisschen ausgeruht hatte, machte ich mit einem Bus auf den Weg nach "Leblon". Schon alleine was ich auf dieser 45-minütigen Busfahrt zu sehen bekam, hätte mich schon fast aus den Socken gehauen, wenn ich nicht barfuss in meinen Sandalen unterwegs gewesen wäre.

Den portugisischen Entdeckern (Gaspar de Lemos, 1502) muss sich ein wahnsinniges Bild geboten haben, als sie die Buchten, Strände und Felsformationen um "Rio de Janeiro" zum erstenmal zu Gesicht bekamen. Heute ist leider alles verbaut. Nicht desto trotz bietet die Stadt und die sie umgebende Landschaft atemberaubende Ansichten. Wenn ich einmal gross bin und genügend Kleingeld habe, werde ich mir in Rio eine Zweitwohnung zutun... ;-)

Von "Leblon" aus lief ich den ganzen Nachmittag den Stränden "Leblon", "Ipanema", "Copacabana" und "Leme" entlang, sowie auch teilweise durch die hinter den Stränden liegenden Quartiere. Von "Copacabana" selber war ich ein bisschen enttäuscht. Mir persönlich hat z.B. "Ipanema" einiges besser gefallen. Aber trotzdem, es war schon ein spezielles Feeling, endlich einmal selber an diesem sagenumwobenen Ort herumzuspazieren. Vor allem "People Watching" war natürlich auch vom Feinsten an der "Copacabana". Ich musste natürlich unzählige knackige Ärsche mit oberknappen Tanga-Strings fotografieren... ;-) (Bild 9: Ipanema Beach)

An der "Copacabana" hatte ich unter anderem auch das folgende Bild geschossen.

Der folgende Textabschnitt ist diesem Bild gewidmet. Folgende Anmerkungen:

  • Um gerade einmal etwas klar zu stellen. Ich habe natürlich gefragt, ob ich das Foto machen durfte.
  • Ich habe natürlich nicht nur eines gemacht... ;-)
  • Als ich die Fotos machte, hatten mich ca. 400 Augenpaare aus ihren Liegestühlen belächelt. Aber wahrscheinlich ware sie alle nur eifersüchtig, dass sie kein so tolles Foto im Kasten hatten.
  • Ich habe ihr natürlich nicht gesagt, dass ihr Foto im Internet stehen wird. Aber jetzt ist es halt schon drin... ;-)
  • Vom fotografischen Aspekt her hätte man bei dieser Szene sicherlich mehr herausholen können. Aber eben, ich bin halt kein professioneller Fotograf, und es musste alles ein bisschen schnell gehen...
  • Wie schon gesagt. Das Foto ist an der "Copacabana" entstanden. Wo denn sonst... ;-)

Das Bild zeigt meiner Meinung nach alle wichtigen Stereotypen, welche in den Köpfen der Europäer über Brasilien existieren, in einem einzigen Bild. Es sind dies die folgenden Stereotypen:

  • Rio de Janeiro: Wer an an Brasilien denkt, dem kommt auch immer gerade Rio in den Sinn.
  • Copacabana Beach: Und wenn man an Rio denkt, dann ist der Gedanke an Copacabana auch nicht mehr weit.
  • dunkelhäutige "Schönheit": Ich war auf meiner bisherigen Reise in Brasilien etwas enttäuscht, was ich betreffend "schönen Frauen" gesehen hatte. Meiner Meinung nach waren die brasilianischen Frauen vom Ruf her "way overrated". Diese Überbewertung stimmt allerdings nicht für "Rio". Mann, hat's hier viele "scharfe Bräute"... uiuiui... ;-) Und die Frauen tragen hier "High Heels", die den Begriff "high" auch wirklich verdienen. Solche bekommt man in der Schweiz nur im Sex-Shop. Und wenn sie dann mal von jemandem gekauft werden, dann landen sie im hintersten Ecken des Schlafzimmerschrankes, und werden nur bei speziellen Gelegenheiten hervorgeholt... ;-)
  • knapper Tanga: Das Motto lautet: Je knapper, desto besser. Allerdings ist dies nicht in jedem Fall auch wirklich hübsch zum anschauen. Man spürt aber schon, das der Körperkult in "Rio" relativ gross geschrieben wird. Die Dichte von Fitnessstudios an der "Copacabana" ist unglaublich. Auch habe ich noch in keinem einzigen 3.-Welt-Land so ein grosses Angebot an Light-Produkten gesehen, wie in "Rio". Und die Proteinpräparate stehen im Supermarkt direkt beim Eingang. Apropos: "Oben-Ohne" ist in Brasilien, aber auch in "Rio", eigentlich verpönnt, und sieht man eigentlich nur ganz selten.
  • Fussball: Wer kennt sie nicht, die legendären, brasilianischen Fussballmannschaften mit ihren Stars. Hier in Brasilien ist jetzt schon richtig das WM-Fieber ausgebrochen. Alle tragen "WM 2006"-T-Shirts.
  • Patriotismus (siehe ihr Tanga): Wenige Länder sind so stolz auf ihr eigenes Land wie die Brasilianer auf Brasilien. Und dies wird auch extensiv mit Kleidern zum Ausdruck gebracht. Eine riesige Mode-Industrie scheint nur von der Produktion von allen möglichen Kleidern und sonstigen Accessoires in den Farben der brasilianischen Nationalflagge (gelb, grün, blau) zu leben.

So, wieder zurück zum Donnerstag. Abends war ich ziemlich müde, so dass der Ausgang mich "nur" für ein paar Bierchen in eine super-kleine Bar in der Nähe des Hotels führte. War aber trotzdem sehr interessant, weil ich mich dort mit ein paar Leuten vom Quartier unterhalten konnte, welche nicht gerade zu den Reichsten von "Rio" gehören.

Am Freitagmorgen stand ich um 07:15 schon am Strand von Copacabana. Ich konnte es nicht lassen, mind. einmal eine Runde hier zu joggen. Da der Strand (Copacabana und Leme) zusammen nur ca. 2 km lang sind, machte ich im ganzen vier Runden, so dass ich nun diese Strände in- und auswendig kenne. Da ich barfuss und in Badehose joggen ging, musste ich meine Sachen irgendwo unterbringen. Leider wollten die Ignoranten von den Strandhäuschen nicht einmal gegen einen Obulus auf meine Sachen aufpassen. Ich nahm deshalb mein T-Shirt und meine Shorts in die eine Hand, und in die andere meine Flip-Flops. Meine 0.5-dl-PET-Flasche grub ich bis zum Deckel im Sand ein. Unglaublich, aber in Brasilien wird einem sogar eine halbleere PET-Flasche gestohlen. Denn als ich das zweite Mal vorbei kam, war nur noch das leere Loch im Sand vorhanden. Naja, wenn's nur das ist... ;-)

Am späteren Freitagmorgen machte ich dann eine Tour durch das historische Zentrum von "Rio". Unter anderem gönnte ich mir einen sensationellen Conde-Fruchtsaft. Ausserdem wollte ich auch noch ein T-Shirt kaufen gehen. In einem Kaufhaus fragte ich deshalb einen Angestellten, in welchem Stockwerk ich Kleider finden könne. Da ich nicht wusste, was Kleider auf Portugiesisch heisst, verwendete ich einfach das spanische Pendant "ropa". Als Antwort erhielt ich dann: "Das Reisebüro befindet sich im 2. Stock". Hääää... Naja, das Missverständnis hat sich dann aufgeklärt. "ropa" verstand er als "Europa", weshalb er mir das Reisebüro angab. Das portugische Wort für Kleider heisst "roupa", wird aber als "houpa" ausgesprochen. Naja, so lernt man Portugisisch... ;-) Ein passendes T-Shirt hatte ich dann doch nicht gefunden. Dafür sah ich für 39.90 Reais (ca. CHF 20.00) schöne Adidas-Turnschuhe. Es schien nicht einmal eine Fälschung zu sein, denn die Qualität der Verarbeitung sah sehr gut aus. Erst später bemerkte ich, dass die 39.90 Reais nur die erste von sechs Ratenzahlungen gewesen wäre. 240.00 Reais bzw. ca. CHF 120.00 für ein paar Turnschuhe ist ja schon fast schweizerisches Preisniveau. Der Mindestlohn pro Monat in Brasilien liegt übrigens bei ca. 300 Reais, ein Mittelständler in "Rio" verdient etwa 500 Reais pro Monat. Aber eben: Hat jemand von Euch schon mal Turnschuhe mit Ratenzahlung gekauft... ;-)

Gegen 16:00 ging ich dann zum "Pâo de Açúcar" ("Sugar Loaf" oder "Zuckerhut"). Ich wollte die Aussicht geniessen und den Sonnenuntergang beobachten. Als ich unten losfuhr. War noch strahlend blauer Himmel vorhanden. Als ich 45 Minuten später nach der Fahrt mit den zwei Gondelbahnen oben auf 396 M.ü.M ankam, waren leider Wolken aufgezogen, so dass man keine Weitsicht mehr hatte. Ausserdem waren die Wolken natürlich genau im Westen aufgezogen, so dass man die untergehende Sonne ebenfalls nicht zu sehen bekam. Nicht desto trotz war das, was man sehen konnte, trotzdem recht atemberaubend, und ich konnte ein paar toole Fotos machen. (Bild 11: Aussicht vom Pâo de Açúcar zum Praia Botafogo und Praia Flamengo / Bild 12: Aussicht vom Pâo de Açúcar zum Praia Leme und Praia Copacabana [Langzeitbelichtung in der Nacht])

Abends ging ich dann noch im Quartier "Lapa" in den Ausgang. Dort ist nicht so der "Schicki-Micki-Teuer"-Ausgang, sondern eher wo die einheimischen Normalos und ein paar wenige Touris in den Ausgang gehen. Da kamen dann fast wieder Carnaval-Gefühle hoch, weil in den engen Gassen teilweise sehr viele Menschen unterwegs waren.

Auf meiner Reise durch Brasilien hatte ich von einem anderen Reisenden erfahren, dass es in der Favela bei Santa Teresa ein Backpacker-Hostel (Pousada Favelinha) geben würde. Irgendwie reizte mich der Gedanke, einmal eine Nacht in einer Favela zu verbringen. Favelas sind illegal gebaute Siedlungen, meist in den Steilhängen von "Rio". Da die ärmsten "Cariocas" (Einwohner von Rio) dort wohnen, können die Kriminalität und die Drogenprobleme teilweise recht gross sein. Fevelas sind von der Stadtvefwaltung offiziell nicht als Quartiere anerkannt, und erhalten deshalb auch keine offizielle Infrastruktur wie Wasser, Strom, Strassen, Telefon, Schule, etc. Die Gemeinschaft in den Favelas muss sich selber organisieren, und schauen wie sie zu diesen Dingen kommen. (Bild 13: Favela Santa Teresa)

Man kann solche Favelas mit einer Tour besichtigen. Ich entschloss mich, weil ich die Pousada nicht telefonisch erreichen konnte, mal ohne Gepäck den Hügel zur Pousada in der Favela zu erklimmen, um nach der Verfügbarkeit für ein Zimmer zu fragen. Mit einem kleinen Bus fuhr ich den Hügel von Santa Teresa hinauf, bis der Bus in einer Sackgasse kehren musste. Hier war das Ende der Strasse, und somit der Beginn der Favela. Es gab einen steilen Gehweg, welcher durch die Favela führte. Überall schauten mich neugierige Augenpaare an. Oben in der Pousada angekommen erfuhr ich, dass sie gerade am Umbauen waren, und deshalb im Moment keine Zimmer vermieten könnten. Zum guten Glück war ich nicht mit meinem ganzen Gepäck den Hügel hinaufgestiegen. Aber der Ausflug war es auf jeden Fall wert gewesen, den die Sicht von der Favela auf den "Zuckerhut" und die Bucht von "Botafogo" war wirklich sehr gut. Auf dem Rückweg durch die Favela wechselte ich noch ein paar Worte mit einer Frau. Zum Abschied wünschte sie mir "Vai com Deus (Geh mit Gott)". Ob sie dies für meinen Rückkehr durch die Favela oder für meine weitere Reise gemeint hatte, werde ich wahrscheinlich nie erfahren... ;-) (Bild 14: Spielende Kinder in der Favela Santa Teresa / Bild 15: Stromverteilung nach Favela-Art)

Nachdem ich mir beim Bus-Terminal ein Busticket für die Weiterreise nach "Curitiba" gekauft hatte, machte ich mich auf, um den "Corcovado" (Hunchback, Buckel) mit der riesigen Statue "Cristo Redentor" zu besuchen. Das Wetter schien ebenfalls wieder ideal zu sein. Mit einer schweizerischen Zahnradbahn (Estrada de Ferro do Corcovado) fährt man durch Teile des Nationalparkes "Parque Nacional da Tijuca", bevor man oben bei der Statue ist. Leider wiederholte sich das Spiel vom Vortag. Oben angelagt war unterdessen Nebel aufgezogen, so dass man teilweise nicht einmal den Kopf der Statue sah, obwohl man direkt davor stand. Ich habe dann halt ein Weilchen ausgeharrt, bis sich der Nebel zum guten Glück grösstenteils wieder verzogen hatte. Ich wurde dann noch mit der Möglichkeit, ein paar gute Bilder zu machen, belohnt. (Bild 16: Cristo Redentor auf dem Corcovado / Bild 17: Aussicht vom Corcovado auf den Lago Rodrigo de Freitas, Praia Leblon und Praia Ipanema)

Am Samstagabend war dann ein bisschen flanieren an der Copacabana angesagt.

Der Sonntag war insofern ein besonderer Tag, weil es der 100. Tag meiner Reise war. Ich fuhr mit dem Bus ca. 5/4 h raus aus "Rio" zum Strand "Recreiro". Der Strand war betreffend Menschenmassen ein bisschen weniger überlaufen, hatte dafür aber um so grössere Wellen, so dass es mich zweimal ziemlich heftig durchschüttelte... ;-) Das Highlight des Tages war aber der Besuch eines Fussballspieles zwischen "Fluminense" gegen "Botafogo" im "Maracanã", dem Fussballtempel schlechthin. Das Spiel sollte um 18.10 beginnen. Ich ging deshalb um 16:30 mit der "Metrô Rio" zum Stadion. Da ich keine Ahnung hatte, wie der Ticketverkauf funktionierte, und welche der zwei Mannschaften ich unterstützen sollte, kaufte ich mir beim ersten Ticketschalter, welchen ich sah, das günstigste Ticket. Wie sich herausstellte, war es für den Fan-Sektor der Flumninse-Fans. Diese sind zwar in der Meisterschaft schlechter, haben aber eine um ein Vielfaches grössere Fanunterstützung, so dass ich dort zu sitzen kam, wo die "Musik" spielte. (Bild 18: Recreiro Beach / Bild 19: Andy vor dem Maracanã-Stadion)

Der etwas spezielle Matchbericht lautet:

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1. Halbzeit

Mit viel Druck startete "Fluminense" in das Spiel, und schon in der 2. Min. hatten sie eine herrliche Torchance. Das erste Goal erzielte dann allerdings "Botafogo" durch den Spieler "Ze Roberto" in der 5. Min. Nach einem Freistoss aus 25 m in den Strafraum von "Botafogo" erzielte der Spieler "Marcaõ" in der 25. Min. durch einen herrlichen Fallrückzieher den Ausgleichstreffer für "Fluminense". Der Schiedsrichter hatte vorgängig den Freistosspunkt und die Position der Abwehrmauer mit einem speziellen Spray auf dem Boden markiert. So gab es für beide Teams keine Diskussionen, wo wer zu stehen hat. Die Markierung war übrigens nach ein paar Minuten wieder verschwunden (sollte man in der CH auch endlich einführen). Aber schon eine Minute später ging "Botafogo" durch den Spieler "Felipe Adaõ" wieder in die nicht unverdiente Führung. In der 40. Minuten fuhr ein "Golfwägelchen" auf den Platz, um einen verletzten Spieler von "Botafogo" wegzutransportieren. Die Fans waren zum Teil gnadenlos. Schon der kleinste Fehler eines Spielers des eigenen Teams wurde mit "wüsten" Fluchworten und Pfiffen versehen. Aber es hatte in den ersten 45 Minuten Spielzeit kumuliert mehr Stimmung gegeben, als kumuliert in einer Spielsaison im Joggeli. Nach einer Minute Verlängerung ging das Spiel dann in die Pause. (Bild 20: Das sich langsam füllende Maracanã-Stadion bei Sonnenuntergang)

2. Halbzeit

Fluminense startete wieder fulminant in das Spiel. In der 49. gab es einen herrlichen Torschuss aus 25 m, welcher das Tor von Botafogo nur ganz knapp verfehlte. Danach flaute das Spiel leider ein bisschen ab was gute Szenen anbelangte, was aber nicht hiess, dass die Spieler nicht weiterkämpfen. In der 60. Min. fuhr dann wieder das "Leichenwägelchen" auf's Spielfeld, um wieder einen Spieler von "Botafogo" an den Spielfeldrand zu fahren. In der 62. Min. hatte "Botafogo" dann wieder eine herrliche Torchance herausgespielt. Allerdings schafften sie es auch mit drei Nachschüssen nicht, das Goal zu erzielen. Immer stand entweder der Pfosten oder der Goalie im Weg. In der 64. Min. hörte ich dann zum 500. Mal aus dem Mund meines Sitznachbarn das Wort "Puta". Gegen Ende des Spiel ging es dann noch einmal richtig zur Sache. In der 85. Min. hatte "Fluminense" nach einer Freistosssituation eine herrliche Torchance. Der Torwart blieb anschliessend auf der Torlinie liegen. Er war in den Pfosten gerannt. In der 88. Min. schaffte es dann "Fluminense" doch noch, den Ausgleichstreffer zu erzielen. Die Tribüne begann bedenklich an zu schwanken, ab all dem Jubel der Fluminense-Fans. In der 94. Min. pfiff der Schiedsrichter, welcher das Spiel souverän geleitet hatte, das Spiel ab. Nun waren die Fans an der Reihe mit einer kleinen sportlichen Leistung. Alle rannten wie gestört zu den Ausgängen und den wartenden Busen und Metrobahnen. (Bild 21: Fluminense-Fans)

Eckbälle:

  • Botafogo: 55. Min. / 61. Min. / 69. Min. / 76. Min.
  • Fluminense: 54. Min. / 78. Min. / 79. Min. / 90. Min. / 91. Min.
Verwarnungen:
  • Botafogo: L. Flâvio in der 34. Min. wegen "Bein stellen" / Bill in der 50. Min. wegen "hohem Bein"
  • Fluminense: Anderson in der 29. Min. wegen "Ball wegschlagen" / Angelo in der 30. Min. wegen "Foulspiel" / Aronca in der 68. Min. wegen "Foulspiel" / Christian in der 81. Min. wegen "Tätlichkeit"
Einwechslungen:
  • Botafogo: Aronca für Bruno (nach der Pause) / Christian für F. Adão in der 76. Min. / Glauber für Roberto in der 78. Min.
  • Fluminense: C. Pitbull für Rissut (nach der Pause) / Romeu für Angelo in der 80. Min.
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Nach dem Match fuhr ich direkt in mein Hotel zurück, holte mein Gepäck ab, und fuhr anschliessend zum Bus-Terminal, wo um 22:00 mein Bus nach "Curitiba" abfuhr.