Dienstag, 11. April 2006

Wochenbericht 018 (03.04.06 bis 10.04.06)

Der Sonntag war mein letzter Tag in "Buenos Aires" gewesen. Bevor ich nach "Bs As" kam, hatte ich von anderen Reisenden sehr vieles über diese Stadt gehört. Die Einen liebten sie, den Anderen gefiel sie überhaupt nicht. Meine Meinung über "Bs As" ist gespalten. Dies hängt aber sicherlich auch z.T. mit dem Kamera-Zwischenfall zusammen... :-(

Zuerst einmal ist "Bs As" eine 12 Mio. Stadt, mit allen dazugehörenden Grossstadt-Problemen. Einzelne Quartiere haben ein ganz spezielles Flair, wie z.B. "Recoleta", "Palermo", "San Telmo" und "La Boca". Die Stadt ist sehr modern, und man kann hier einfach alles kaufen, was einem das Herz begehrt. So eine Art "Singapur" von Südamerika. Besonders cool sind die unendlichen Ausgehmöglichkeiten in "Bs As". (Bild 1: Sonnenaufgang in Buenos Aires im Quartier San Telmo aus dem "Hostel-Inn Buenos Aires")

Ein bisschen erstaunt war ich über das Spanisch, welches in "Bs As" gesprochen wird. Normalerweise wird in ganz Lateinamerika die zweite Person Plural (ihr, vosotros/vosotras) nicht verwendet. Sie wird durch die dritte Person Plural (sie, ellos/ellas) ersetzt. In "Bs As" wird die zweite Person Plural korrekterweise wie in Spanien verwendet. Allerdings werden die Verben teilweise anders konjugiert. Ein Beispiel:

  • Lateinamerika: "De donde son?" (deut.: "Von wo seid ihr?")
  • Spanien: "De donde sois?" (deut.: "Von wo seid ihr?")
  • Buenos Aires: "De donde sos?" (deut.: "Von wo seid ihr?")

Ausserdem wird in "Bs As" z.B. das Doppel-L und das Y anders ausgesprochen, als in der restlichen Spanisch sprechenden Welt. So wird "Calle (Strasse)" nicht als "caie", sondern als "casche", und "Playa (Strand)" nicht als als "plaia", sondern als "plascha", usw. ausgesprochen. Natürlich, z.T. nur kleine Unterschiede. Aber zu Beginn hat dies dann halt doch manchmal zu babylonischen Situationen geführt. Aber man gewöhnt sich ja an alles... ;-) Die Argentinier nennen ihre Sprache übrigens nicht "Español", sondern "Castellano" (ausgeschrochen: casteschano).

Am Montagmorgen reiste ich früh von "Buenos Aires" nach "San Antonio de Areco". Wenn ich schon in Argentinien war, wollte ich auch ein paar richtige "Gauchos" sehen, und ein richtiges "Asado" essen. Leider ist das Kapitel "Argentinien" in meinem Reiseführer nicht sonderlich ausführlich. Aus diesem Grund sind auch keine Informationen darüber, wo man "Gauchos" am besten zu Gesicht bekommt, enthalten. Ich wusste nur, dass die typische Gaucho- und Asado-Gegend in der ferneren Umgebung von "Buenos Aires" und in der Provinz "La Pampa" war. In "Buenos Aires" hatte ich mich deshalb bei verschiedenen Leuten informiert, wo man "Gauchos" am besten antreffen könne. Die einhellige Meinung war, dass man dies am besten im traditionsreichen "San Antonio de Areco" und in einer der umliegenden "Estancia" tun könne. Also, dachte ich mir, nichts wie hin. (Bild 2: Plaza Central in San Antonio de Areco)

Als ich in "San Antonio de Areco" ankam, war ich allerdings ziemlich enttäuscht. Das Städtchen war zwar sehr gepflegt, aber von Gaucho-Feeling war weit und breit nichts zu spüren. Die Städtchen war um drei Uhr Nachmittags so verschlafen, dass ich 3/4 Stunden die Strassen abgeklappern musste, bis ich einen einzigen, offenen Kiosk fand, welcher etwas zum trinken zum Verkauf anbot.

Vom Büro für Touristeninformation von "San Antonio de Areco" hatte ich erfahren, dass es möglich wäre, am nächsten Tag die nahegelegene Estancia "La Cinacina" zu besichtigen. Da die Estancia nicht all zu weit vom Städtchen entfernt war, beschloss ich, mir die Estancia schon einmal von aussen anzusehen. Als ich dort ankam, ahnte ich schon das Schlimmste, denn es standen drei strahlend weisse Tourbusse vor der Estancia. Wie sich dann herausstellte, gehörten diese zu mehreren jugendlichen Rugby-Vereinen aus Süd-Afrika, welche nach Argentinien zu einem Wettkampf gekommen waren.

Als ich die Estancia dann betrat, kam ich mit einem "Gaucho", welcher auf der Estancia arbeitete, ins Gespräch. Er erklärte mir, was mich am nächsten Tag erwarten würde. Leider war dies alles ziemlich künstlich aufgesetzt. Die Estancia hatte sogar einen grossen Swimming Pool für die Touristen gebaut. Ich sagte den "Gaucho", dass ich lieber etwas mehr authentisches sehen wollte. Er meinte dann, dass er schon verstehen würde, was ich suchen würde. Er wäre früher selber ein richtiger "Gaucho" gewesen. Richtige "Gauchos" gäbe es in der Gegend leider fast nicht mehr, und er würde jetzt halt als "Touri-Gaucho" arbeiten.

Ausserdem kam auch auch noch mit einem Belgier, Kris, ins Gespräch, welcher die Estancia-Tour gerade hinter sich gebracht hatte. Er ist mit seinem Bike während drei Jahren in Südamerika unterwegs. Da er auf der Estancia eine Flasche Wein erhalten hatte, lud er mich ein, diese in einem nahegelegenen Park zu verköstigen. Gegen Abend besuchten wir noch eine kleine Konfiserie, welche sich auf die Hestellung von Schokolade spezialisiert hat. Wir tranken dort eine heisse Schokolade. Wohl die beste, die ich je getrunken hatte. Die anschliessend ("Streit"-)Gespräche zwischen dem argentinieschen Chef der Schokoladen-Konfiserie, einem Belgier und einem Schweizer, wer jetzt nun die beste Schokolade herstellt, waren echt witzig... ;-)

Die ganze Nacht auf Dienstag und auch den ganzen Dienstagmorgen regnete es in Strömen. Ich musste mich deshalb entscheiden, ob ich mit der Touri-Tour auf der Estancia bis Mittwoch warten würde, oder ob ich unvollrichteter Dinge wieder abziehen wollte. Ich entschied mich für das Zweite. Ich fuhr wieder nach "Buenos Aires" zurück, wo ich mich in einen Bus nach "Puerto Madryn" setzte. Diese 18-stündige Busfahrt (Expreso QueBus) durch die Provinz "La Pampa" in Richtung "Patagonien" war eine der angenehmsten Busfahrten, welche ich bis jetzt gemacht hatte. Das war wie "Business Class" fliegen. Pro Sitzreihe hatte es drei geräumige Ledersitze, auf welchen man ziemlich gut schlafen konnte. Eine Stewardess servierte immer wieder Snacks und Drinks, ein warmes Abendessen und ein Frühstück. Und vor dem Schlafen gab es sogar noch einen Whiskey serviert... ;-) Besonders eindrücklich war allerdings die Landschaft, durch welche wir fuhren. Sie war grösstenteils topfeben. Auch sehr eindrücklich war der Sonnenuntergang und -aufgang. In einem herrlichen Farbspiel ging sie abends um 19:00 auf der rechten Seite des Buses unter, und zwölf Stunden später auf der linken Seite wieder auf. Und man hatte das Gefühl, man wäre keinen Meter weitergekommen, denn die Landschaft sah immer noch gleich aus. (Bild 3: Sonnenaufgang in der Provinz La Pampa aus dem Bus fotografiert)

"Puerto Madryn" (Link 1, 2) ist ein 70'000 Einwohner-Städtchen, welches in einer Bucht ("Golfo Nuevo") am Atlantik liegt, und Ende des 19. Jahrhundert von walisischen Emmigranten gegründet worden ist. Die Stadt liegt in einem wüstenähnlichen Steppengebiet, welches pro Jahr nur 200 mm Regen erhält. Ausserdem wehen praktisch das ganze Jahr durch starke Winde, so das z.B. Bäume auf natürliche Weise nicht wachsen können. Eine der wenigen landwirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten in dieser Region ist die Schafszucht. Für die Schafzucht wird aber mind. ein Hektar Land pro Schaf benötigt. Ansonsten lebt "Puerto Madryn" hauptsächlich von einer Aluminiumfabrik, dessen Produktion zu 90% über den Stadt-eigenen Hafen vorwiegend nach Europa und Australien exportiert wird. Weitere Haupteinnahmequellen sind der Steinabbau und der Tourismus.

"Puerto Madryn" hat erst mit der Gründung der Aluminiumfabrik in den 70er Jahren begonnen zu wachsen. Innerhalb von 30 Jahren wuchs die Stadt von 5'000 auf 70'000 Einwohner. Entsprechend modern ist die Stadt auch.

Nördlich von "Puerto Madryn" liegt die Halbinsel "Peninsula Valdés", welche ein Nationalpark ist. Die Halbinsel ist ein guter Ausflugsort, um Wale, Orcas, Delphine, Seeelefanten, Seelöwen, Pinguine und viele weitere Tiere zu beobachten. Die Hauptsaison für "Whale-Watching" (die Haupttouristenattraktion von Valdés) ist von Mai/Juni bis Dezember. Da im April auch die Hauptbadesaison schon vorbei ist, war die Stadt angenehm ruhig. (Bild 4: Satelittenaufnahme von Puerto Madryn [untere Bucht, links] und der Peninsula Valdés [Bildquelle: Wikipedia])

Ich verbrachte den Mittwochnachmittag mit der Erkundung des Städtchens und der näheren Umgebung. U.a. brachte ich auch wieder einmal ein paar Postkarten auf die Post. Im Postbüro war eine riesige Warteschlange, und die meisten Leute hielten irgendwelche Checks, die sie wahrscheinlich einlösen wollten, in ihren Händen. Ich fragte eine Frau, ob ich für Briefmarken ebenfalls in der Schlange anstehen müsste, oder ob man die auch an einem anderen Schalter oder Ort kaufen könnte. Ich bekam wieder einmal einen komischen Blick zugeworfen. Sie meinte dann, dass die Warteschlange für alle Postdienstleistungen die gleiche sei. Offensichtlich hatte ich bei ihrer Antwort leicht die Augen verdreht, denn sie fragte mich dann, ob ich hier in den Ferien sei. Als ich die Frage natürlich bejaht hatte, sagte sie: "Ja, dann hast Du ja genügend Zeit!". Wie recht und unrecht sie doch zugleich hatte. Auf der einen Seite: Was sind schon 25 Minuten warten, um fünf Briefmarken zu kaufen, wenn man zwei Jahre Zeit hat, um die Welt zu bereisen. Auf der anderen Seite sind 25 Minuten in einer Warteschlange stehen, 25 Minuten, in welchen man nicht etwas Interessanteres machen kann. Ich merke immer je stärker, wie mir die Zeit davon rennt. In acht Monaten auf dem Landweg durch den ganzen Kontinent Südamerika reisen, ist ein relativ kurzer Zeitraum. Manchmal komme ich mir fast ein bisschen wie ein Japaner vor, welcher in zehn Tagen Europa bereist. (Bild 5: Sicht auf Puerto Madryn von den Sanddünen am Strand aus)

Der Wortwechsel mit der Frau im Postbüro verleitet mich dazu, noch zwei weitere Themen anzusprechen: Verhältnis der Südamerikaner zur Zeit und südamerikanische Bürokratie sowie ineffiziente Prozesse.

  • Verhältnis der Südamerikaner zur Zeit: Als Schweizer - der nach fünf Jahren Armbanduhr-Abstinenz wieder eine Armbanduhr trägt - hat man natürlich ein komplett anderes Verhältnis zur Zeit, als ein Südamerikaner. Frägt man z.B. einen Busfahrer, welcher eine bestimmte Strecke wahrscheinlich schon seit Jahren mehrmals täglich fährt, wie lange die Fahrt dauern würde, erhält man "zwei Stunden" zur Antwort. Trotz stau- und pannenfreier Fahrt dauert die Fahrt dann aber vier Stunden. Oder als ich den Busfahrer in Rio fragte, wie lange es noch bis zur Endstation gehen würde, erhielt ich die Antwort "zehn Minuten". Tatsächlich kamen wir höchstens 45 Sekunden später bei der Endstation an. Es kann auch sein, dass es exakte Fahrpläne gibt. Z.B.: Der Bus fährt um 11:17. Wohlgemerkt, 11:17, nicht etwa 11:15 oder 11:20. Und obwohl es wahrscheinlich nur eine Frage des Willens und evtl. der Organisation gewesen wäre (der Bus stand ja schon mit laufendem Motor bereit), fuhr der Bus dann erst um 12:10 los. Oder, man verabredet sich mit jemandem, und es kann sein, dass die Person, nur zehn Minuten zu spät kommt. Es kann aber auch gerade so gut sein, dass die Person eine Stunde oder sogar zwei Stunden zu spät kommt, und sich dann noch wundert, wieso der wartende Schweizer ganz leicht verärgert ist... ;-) Für die Leute in Südamerika scheint die Zeit also keine grosse Bedeutung zu haben. Es tragen auch relativ wenige Personen eine Armbanduhr. (Als Armbanduhrträger wird man allerdings mehrmals pro Tag nach der Uhrzeit gefragt.) Anscheinend sind die Leute noch nicht so "zivilisationsverseucht", so dass sie jeder Minute hinterher hetzen müssen. Die Zeit für die Muse (was man auch immer darunter verstehen mag) scheint wichtiger zu sein. Und eine Busfahrt dauert halt einfach so lange, bis der Bus am Zielort angekommen ist, und nicht "2 h 11 m". Ein weiterer Grund, weshalb die von mir erfragten Zeitangaben z.T. so weit von der Realität abweichen, liegt vielleicht auch darin, dass wegen der oben erwähnten "Nichtigkeit der Zeit" gar kein Zeitgefühl vorhanden ist. Und ehe ein Gefragter zugeben würde, dass er z.B. keine Ahnung hat, wie lange die Busfahrt dauert, sagt er lieber einfach einmal eine Zahl. Wenn er zugeben müsste, dass er keine Ahnung hat, könnte er ja das Gesicht verlieren.
  • Südamerikanische Bürokratie und ineffiziente Prozesse: Es ist z.T. unglaublich, welche Bürokratie und ineffiziente Prozesse man in südamerikanischen Ländern erlebt. Mit der staatlichen Bürokratie bin ich zum guten Glück bis jetzt noch nicht gross in Berührung gekommen. Von der habe ich nur von Erzählungen anderer Reisenden und Einheimischen erfahren. Von ineffizienten Prozessen kann ich aber ein um so längeres Liedchen singen. Ineffiziente Prozesse hängen oft mit mangeldem Vertrauen zusammen. So ist es in den meisten Geschäften (bis zu einer bestimmten Grösse) immer nur eine einzige Person, welche die Kontrolle über die meist einzige Kasse hat. Und oft ist dies der Chef persönlich. Und wenn der Chef zehn Minuten mit dem Handy telefoniert, dann warten die Kunden mit dem Bezahlen halt, bis der Chef fertig telefoniert hat. Ein Beispiel: Ein Geschäft verkauft sowohl Glacé (Heladeria) als auch Backwaren (Panaderia). Wenn man von beidem kaufen will, muss man sich zweimal anstellen. Zuerst für die Backwaren, dann für die Glacé. Zum guten Glück kann man beides zusammen bezahlen, aber dafür stellt man sich ein drittes Mal an. Wenn man dann an die Reihe kommt (die Glacé ist unterdessen schon halb verlaufen), weiss der Chef natürlich nicht, welche Backwaren sich in den braunen Papiertüten befinden, denn die Verkäuferin hat es natürlich nicht auf die Tüten geschrieben. Der Chef öffnet alle Tüten und wühlt mit seinen Fingern, mit welchen er natürlich schon den ganzen Tag das schmutzige Geld gezählt hat, in den Tüten herum, um alles zu zählen. Wenn man dann mit dem Bezahlen fertig ist, hat man selber total verklebte Finger und einen Flecken auf der Hose, weil man versucht hat, beim Anstehen und Bezahlen das davonlaufende Glacé noch irgendwie zu verspeissen. Ein anderes Beispiel: Man möchte ein Langstrecken-Busticket kaufen. Bei der Ticketverkaufsstelle steht ein moderner Computer mit Drucker, welche auch beide funktionieren. Die Gesellschaft verfügt auch über ein modernes Reservationssystem, mit welchem der Kunde auf einer grafischen Busübersicht sogar seinen Sitz aussuchen kann. Dummerweise ist die Eingabemaske auf dem Bildschirm so klein geschrieben, dass der nicht mehr ganz jüngste Verkäufer auch mit Brille fast nichts erkennen kann. Wegen bürokratischen Gesetzesvorgaben muss er zu alle dem noch zahlreiche Angaben, wie z.B. Name, Passnummer, Alter, Domizil etc., erfassen, bis die Reservation verbucht werden kann. Leider kann das System aber keine Tickets drucken!?, so dass die Ticketformulare von Hand ausgefüllt werden müssen. Ein Ticket besteht aus drei perforierten Abschnitten (ein Abschnitt für den Buskondukteur, einer für den allfälligen Kontrolleur und einer für den Buspassagier). Auf jedem Abschnitt müssen die gleichen Angaben eingefügt werden. Ausserdem wurde die Strecke von A nach B in zwei Teilstrecken aufgeteilt, obwohl ich während der ganzen Fahrt im gleichen Bus sitzen bleiben konnte. Dies bedeutete natürlich, dass ein weiteres Ticket ausgestellt werden musste. Zu guter Letzt musste von den zwei Tickets noch eine Kopie für die Gesellschaft erstellt werden. Und da weder Kohlepapier noch Fotokopierer bis zu der Gesellschaft vorgedrungen waren, erstellte der Angestellte noch einmal zwei Tickets. Im Ganzen füllte er also zwölf Ticket-Abschnitte, wobei er bei jeweils sechs das gleiche eintragen musste. Ja, so läuft das hier... ;-)

Ich glaube, ich bin leicht abgeschweift. Bei der Post sind wir stehen geblieben: Nach 25 Minuten konnte ich dann meine fünf Briefmarken kaufen, aber der Preis dafür haute mich fast aus den Socken. Zwar kostete das internationale Porto genau gleich viel, wie das internationale Porto bei der "Schweizer Post". Aber meine Übernachtungsmöglichkeit in "Puerto Madryn" kostete gleich viel, wie die fünf Briefmarken zusammen, bzw. für eine Briefmarke hätte man auch eine 1-Liter-Flasche Bier in einem Restaurant trinken können. Ich werde in Zukunft wohl wieder auf das bewährte Email zurückgreifen... ;-) Ach, und übrigens. Das waren nur die Preise für B-Post, A-Post hätte 2.5 mal mehr gekostet.

Am Donnerstag hatte ich eine Tour gebucht, um die Tiere auf der "Peninsula Valdés" zu besichtigen. Wie schon erwähnt, war die Wal-Saison schon vorbei. Dafür war es die richtige Saison, um Orcas zu sehen. Ich wurde allerdings von der Tour-Agentur vorgewarnt, dass man trotz richtiger Saison viel Glück braucht, um Orcas sehen. Das absolute Highlight wäre natürlich gewesen, einen Orca zu sehen, welcher am Strand nach einem Seelöwen-Baby schnappt. Naja, wir gehörten leider nicht zu den Glücklichen. (Bild 6: Magallan-Pinguin auf Peninsula Valdés)

Dafür sahen wir aber folgende Tiere:

  • Guanaco (deut.: Alpaka), Tier aus der Lama-Familie
  • Choique (deut.: Nandu), Tier aus der Straussen-Familie
  • Lobo marino (deut.: Seelöwe)
  • Elefante marino (deut.: Seeelefant)
  • Peludo (engl.: Armadillo), Tier aus der Gürteltier-Familie
  • Cuis, grosse Maus
  • Pingüino de Magellanes (deut.: Magallan-Pinguin)
  • Arania, behaarte Grossspinne
  • und viele verschiedene Vogelarten

Direkt nach der Tour fuhr mein Bus nach "Bariloche". Somit war das Kapitel Ostküste von Südamerika abgeschlossen. Am Atlantik werde ich nun für eine Weile nicht so schnell wieder stehen. Aber es gibt ja zum guten Glück noch genug Meere, welche auch schöne Strände zu bieten haben. Die Nachtbusfahrt nach "Bariloche" war wieder sehr angenehm, da ich einen konfortablen Bus ausgewählt hatte. Als ich am Freitagmorgen um 06:00 aufwachte, sah ich von weitem schon die ersten Ausläufer der Anden. Die restliche Fahrt nach "Bariloche" bot wieder eine herrliche Aussicht. Vorbei an vielen verschiedenen Seen und langsam herbstlich-rot werdenden Wäldern. (Bild 7: Caleta Valdés auf Peninsula Valdés)

"San Carlos de Bariloche" (Link 1, 2, 3, 4) ist eine hauptsächlich vom Tourismus lebende Stadt inmitten des Nationalparkes "Nahuel Huapi". Der Nationalpark mit seinen vielen Bergseen und schönen Landschaften ist ein Paradies für die Ausführung von verschiedesten Sportarten, wie z.B. Trekking, Biking, River Rafting, Kajaking, und vieles mehr. Wegen dem Tourismus ist die Stadt "Bariloche" ansonsten nicht gerade mit Schönheit beschlagen, eine Ausflugsagentur reiht sich an die andere. Ich verzichtete sogar auf einen Stadtrundgang. Ich quartierte mich in "Bariloche" wieder in einem Hostel ein. Unterdessen hatte ich zum zweiten Mal auf meiner Reise meinen Fleece und meinen Windstopper aus den Tiefen meines Rucksackes hervorkramen müssen. Es war auch tagsüber relativ kühl. Anscheinend soll es mir ab jetzt, was das Wetter anbelangt, nicht besser gehen als in der Schweiz. (Bild 8: Andy auf einem Steg an einem der zahlreichen Seen im Nationalpark Nahuel Huapi)

Ich war noch keine Stunde im Hostel, da stand Raphael, ein Franzose vor mir. Ich hatte ihn in Venezuela kennengelernt und in Brasilien noch zwei weitere Male angetroffen. Er war ebenfalls über Nacht mit dem Bus von "Puerto Madryn" nach "Bariloche" gereist. Allerdings mit einer anderen Bus-Gesellschaft als ich. Nachdem wir uns ein bisschen ausgetauscht hatten, waren wir uns schnell einig, dass wir die nächsten Tage mit ein paar sportlichen Aktivitäten zusammen verbringen würden. Am Freitagabend wurde vom Hostel ein "Asado" (argentinisches Barbecue) organisiert. Ich entschloss mich, wieder einmal zu "sündigen". Es hat sich auf jeden Fall gelohnt... ;-)

Am Samstag machte ich mich zusammen mit Raphael auf, um mit einem gemieteten Moutain Bike den "Circuito Chico" abzufahren. Auf dieser Strecke kommt man an verschiedenen Seen, Lagunen, etc. vorbei. Wenn man noch zusätzlich einen Umweg über eine Schottersteinpiste macht, kommt man bei der "Colonia Suiza" vorbei. Ausser dass ein paar Schweizerkreuze und Kantonswappen an den Häusern hingen, und dass ein Haus mit "Heidiland" angeschrieben war, erinnerte allerdings nicht all zu viel an die Heimat. Im Gesamten legten wir 70 km zurück, und wir waren ziemlich froh, als wir unsere fahrradtechnisch untrainierten Allerwertesten zurück in "Bariloche" wieder vom Sattel schwingen konnten. (Bild 9: Wegweiser nach Colonia Suiza)

Am Sonntag machten wir uns auf, um eine zweitätige Trekking-Tour auf eigene Faust zu unternehmen. Leider konnte sich der Franzose nicht überwinden, seinen ein wenig geschundenen Allerwertesten frühzeitig aus dem Bett zu schwingen. Deshalb machten wir uns erst um 11:20 auf den Weg. Leider hatten wir mit der Busverbindung, welche uns wieder nach "Colonia Suiza", wo der Trekking-Pfad begann, bringen sollte, Pech. Wir verbrachten mehr als 1.5 h damit, auf den Bus zu warten. Weil es dann schon relativ spät war, als wir mit dem Laufen anfingen, mussten wir ein bisschen Gas geben, falls wir das "Refugio Italia" (eine Art SAC-Hütte) bei der "Laguna Negra" vor dem Einbruch der Dunkelheit noch erreichen wollten. Die verschiedenen Zeitangaben, welche uns für den Weg zum "Refugio" genannt wurden, hatten eine Spannweite von 4 bis 6 h. Wir erreichten das "Refugio" nach genau drei Stunden, waren dafür aber auch ziemlich fertig, denn es lagen über 1000 Höhenmeter hinter uns. Da die Hütte noch bis Ende April einen Hüttenwart hatte, konnten wir dann im Verlauf des Abends an den gedeckten Tisch setzen. (Bild 10: Andy an der Laguna Negra bei Sonnenuntergang)

Die Nacht war eine relativ kühle Angelegenheit. Dafür kam um so mehr Berg-Feeling auf, als man den starken Wind durch jede Ritze blasen hörte, und man sich, nachdem man dass x-te Mal aufgewacht war, dann halt einfach wieder die Wolldecke über die Ohren zog.

Zu meinem Erstaunen wurde es am Montagmorgen erst gegen 08:00 langsam hell. Wir machten uns dann 3/4 Stunden später auf den Weg. Den Rückweg nach "Colonia Suiza" wollten wir über eine andere Route gehen, welche einiges länger und anspruchsvoller war. Der Weg führte uns zuerst über den Gipfel des "Bailey Willis" und anschliessend auf den Gipfel des "Pico Tourista". Der Name des zweiten Gipfels suggeriert, als wäre dieser von Turisten total überlaufen. Zum guten Glück war von diesen weit und breit keiner zu sehen.

(Bild 11: Panoramabild bei Laguna Negra)

Wie schon erwähnt, war unser zweiter Trekking-Tag sehr anspruchsvoll. Der Pfad, welcher eigentlich kein Pfad war, sondern nur eine Ansammlung von wenigen roten Markierungen an einzelnen Steinen, führte uns aber durch eine wunderschöne Landschaft. Praktisch jede Stunde standen wir in einer komplett anders beschaffene Umgebung. Einmal Schotter, dann Steppe, Felsen, lose Felsbrocken, staubige Erde usw. wechselten sich ständig ab. Das war ein wunderschönes Erlebnis. (Bild 12: Andy auf dem Gipfel Bailey Willis)

1 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Fröglifix meint:
Da soll noch einer sagen Velohelme seien nicht cool!
:-)