Montag, 8. Mai 2006

Wochenbericht 022 (01.05.06 bis 07.05.06)

Am Montagmorgen startete unsere Altiplano- und Salzwüsten-Tour. Meine Reisekumpanen waren unterdessen auf vier Personen angestiegen. Raphael aus Frankreich, Tom aus Südamerika, Scott aus England und Julio aus den Vereinigten Staaten. Ausserdem hatte die Tour-Agentur, "Tupiza Tours", den letzten freien Platz im Nissan-Geländewagen mit Michael aus Schweden besetzt. Um 09:00 fuhren wir dann mit unserem Fahrer, Cesar, und unserer Köchin, Elly, los. Die Tour sollte vier Tage dauern, und uns durch das Berggebiet des bolivianischen "Altiplano" führen. Als krönender Abschluss am vierten Tag war dann die Salzwüste "Salar de Uyuni" angesagt. (Bild 1: Letzte Vorbereitungen vor der Tour)

Wir hatten grosses Glück mit Cesar und Elly. Cesar hatte erstens einen Geländewagen mit einer guten Federung, was uns auf der viertägigen Fahrt über die übelsten ungeteerten Strassen sehr entgegen kam. Er war zweitens auch ein guter Fahrer, so dass man sich auf den teilweise haarsträubenden Strassen keine Sorgen machen musste. Die Kombination aus gutem Fahrzeug und gutem Fahrer hatte ausserdem den Vorteil, dass wir den anderen Gruppen immer etwas voraus waren, so dass wir die einzelnen Sehenswürdigkeiten jeweils für uns hatten. Elly war eine ausgezeichnete Köchin, die mit den einfachsten Mitteln uns immer wieder mit ausgezeichneten Mahlzeiten überraschte. (Bild 2: "Se llama llama [Es heisst Lama]")

Am Montag war sehr viel Fahren mit relativ wenig Sehenswürdigkeiten angesagt. Unsere Fahrt startete in "Tupiza" auf 2'950 M.ü.M. Wir fuhren wieder einmal durch eine atemberaubende, aber sehr trockene und staubige Gebirgslandschaft (Cordillera de los Lipez). Unterwegs sahen wir unzählige Lamas, Vicuñas, Esel und Vulkane. Wir fuhren auch durch ein paar kleine Siedlungen ("Quetena Chico", "Quetena Grande"), welche ausser ein paar Lehmhäusern und staubigen Strassen nichts zu bieten hatten. In "Quetena Grande" wurden wir dann von einem Schneesturm überrascht, so dass wir die letzten 2.5 Stunden des Tages durch Schneetreiben fuhren. Die erste Nacht verbrachten wir dann auf ca. 4'000 M.ü.M. Ich hatte grosses Glück, dass mir die Höhe nichts ausmachte, ausser dass ich natürlich ziemlich ins Schnaufen kam, sobald ich mich körperlich anstrengte. Alle anderen hatten irgendwelche Probleme mit der Höhe. Der eine hatte Probleme mit der Verdauung, drei hatten Kopfschmerzen und konnten die ganze Nacht kein Auge zutun, und der fünfte hatte Probleme mit der Atmung. Die Nacht verbrachten wir in einer einfachen Lehmhütte, wo es weder Strom noch Heizung gab. Es wurde ein ziemlich kühle Nacht... ;-) (Bild 3 bis 5: bolivianischer Altiplano)

Am zweiten Tag ging die Fahrt durch die Berge weiter. Wir sahen verschiedene Lagunen ("Laguna Koppla", "Laguna Verde"), in welchen unzählige Flamingos ihre Nahrung suchten, und die "Dalí-Wüste". Die Mittagspause machten wir bei einer heissen Thermalquelle ("Aguas Calientes"). Das war auch nötig, denn es war unsere erste Möglichkeit uns ein wenig zu waschen... ;-) Der Höhepunkt des Tages waren dann die "Geysers" bei "Sol de Mañana" auf 4'950 M.ü.M. Verschiedenfarbige, kochende Schlammkessel und Löcher, aus welchen schwefelhaltiger Rauch entwich, und dabei Geräusche verursachte, welche stark an ein Düsentriebwerk eines Flugzeuges erinnerten. Die zweite Nacht verbrachten wir dann in dem Örtchen "Huayllajara" auf 4'800 M.ü.M. Es gab wieder kein fliessendes Wasser, dafür aber Strom, allerdings nur von 19:00 bis 21:00. Diese Tatsache war dann Grund genug für ein paar üble Szenen um die drei einzigen Steckdosenplätze zwischen den einzelnen Touri-Gruppen, denn jeder wollte seine Kamerabatterie wieder aufladen... :-( (Bild 6: Flamingos / Bild 7: Geysers)

Am dritten Tag sahen wir wieder verschiedene Lagunen ("Laguna Colorada", "Laguna Honda"), den "Árbol de Piedra" und die "Siloli-Wüste". Am späteren Nachmittag fuhren wir dann noch zum "Ejército de Piedras", von wo aus wir eine schöne Aussicht auf den Vulkan "Ollagüe" haben sollten. Leider war er allerdings an diesem Nachmittag in Wolken gehüllt. Gegen Abend kamen wir dann im Städtchen "San Juan" an, welches am Rande der Salzwüste "Salar de Uyuni" liegt. Vor dem Eindunkel hatte ich noch die Möglichkeit, einen 900 Jahre alten Friedhof der "Quechua"-Indianer zu besichtigen. In kleinen Korallenhöhlen lagen überall Skellete von kleinen Personen herum, die zum Teil noch mit ihren Kleidern, ihrer eingetrockneten Haut bzw. Haaren bedeckt waren. Das hinterliess einen leicht bizarren Eindruck. (Bild 8: Andy im Altiplano / Bild 9: 900 Jahre altes Skelett bei San Juan)

Am vierten Tag, Donnerstag, standen wir um 04:00 auf, um den Sonnenaufgang inmitten der Salzwüste zu sehen. Cesar fuhr in der Finsternis zuerst eine Stunde über Stock und Stein und dann eine Stunde durch den Salzsee, bis wir kurz vor Sonnenaufgang den Rand der trockenen Salzwüste erreichten. Wir er den Zielort gefunden hat, wird mir immer ein Rätsel bleiben, denn er hatte weder einen Kompass noch ein sonstiges Hilfsmittel. Der Sonnenaufgang war sehr eindrücklich. Eindrücklich waren aber auch die Spiegelungen der umliegenden Gebierge und Wolken im Salzsee. Später fuhren wir dann zur "Isla Pescado", ein Korallenhügel inmitten der Salzwüste, welcher mit unzähligen Kakteen übersäht ist, manche z.T. über 12 Meter hoch und über 1'200 Jahre alt. Danach ging die Fahrt dann weiter zu den "Ojos de Sal" und zum "Hotel de Sal", welches komplett aus Salz gebaut ist. Im der Nähe von "Colchani" konnten wir dann noch sehen, wie die Einheimischen von der Salzwüste Salz gewinnen, und es zu unzähligen Salzpyramiden formen. Bevor unsere Tour dann in "Uyuni" (3'675 M.ü.M.) endete, besichtigten wir kurz noch den "Cementerio de Trenes (Zug-Friedhof)", auf welchem unzählige, alte Dampflokomotiven vor sich hin rosten. (Bild 10: Salz-Kristal in Salar de Uyuni / Bild 11: Andy vor dem Hotel Sal / Bild 12: Kaktus auf der Isla Pescado in Salar de Uyuni)

In "Tupiza" hatte es keinen Bankautomaten gegeben, und weil wir am Wochenende und am 1. Mai dort waren, hatten auch alle Banken geschlossen. Aus diesem Grund hatten wir in "Tupiza" kein Geld, um die Tour im voraus bezahlen zu können. Dies musste nun in "Uyuni" nachgeholt werden. Aber auch in "Uyuni" gab es keinen Geldautomaten. Wir durften deshalb mit unseren Kreditkarten und unzähligen Einheimischen vor der einzigen Bank anstehen, um ein "Cash Advance" zu erhalten. Bis wir dann alle unser Geld hatten, verging über 1.5h... :-( (Bild 13: Cementerio de Trenes bei Uyuni)

Nachdem wir uns im Hotel "Avenida" einquartiert hatten, folgte dann der nächste Tiefschlag. Alle Bussitzplätze nach "Potosí" für den nächsten Tag (Freitag) waren ausverkauft. Wir konnten also erst am Samstag reisen, was wiederum bedeutete, dass wir einen Tag im langweiligen "Uyuni" "gefangen" waren. Zu alle dem funktionierte dann am Freitag im ganzen Städtchen fast den ganzen Tag lang weder Telefon noch Internet... :-(


(Bild 14: Panoramabild Salar de Uyuni bei Sonnenauftag)

Am Samstag um 10:00 fuhr dann unser Bus nach "Potosí". Als ich bemerkte, dass der Bus mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von höchstens 20 km/h über die Berge kroch, wunderte es mich nicht mehr, dass für die ca. 140 km sieben Stunden veranschlagt wurden. Die Landschaft war wieder sehr schön, allerdings so trocken und staubig, dass man im Bus kaum atmen konnte. Zusätzlich hatte ich noch zwei alte Indianer in der Reihe hinter mir sitzen, welche ununterbrochen Koka-Blätter kauten. Koka-Blätter kauen ist zwar gut gegen Höhen- und Reisekrankheit (ich hab es auch probiert... ;-) ), aber der Geruch von mit Speichel fermentierten Koka-Blättern, welche sehr lange im Mund behalten werden, ist einfach ziemlich übel. Nach zwei Stunden Fahrt hatten wir dann auch noch inmitten der Berge einen Reifenschaden, was die Reise noch einmal um zwei Stunden verlängerte... :-(

Um 18:30 kamen wir dann in "Potosí" (4'070 M.ü.M) an. In "Potosí" wurde vor über 500 Jahren riesige Silberablagerungen gefunden. Aber auch andere Metalle wie z.B. Gold, Zinn, Kupfer, etc. konnten entdeckt werden. Nach dieser Entdeckung entwickelte sich "Potosí" innerhalb weniger Jahre zur grössten und reichsten Stadt von Südamerika. Millionen von schwarzen Sklaven und Indianer wurden von den Spaniern gezwungen, in den Minen zu arbeiten. Es wird geschätzt, dass bis heute ca. 9 Mio. Menschen in den Minen selber oder infolge von Gesundheitsschäden durch die schlechten Arbeitsbedingungen in den Minen gestorben sind. Noch heute arbeiten Leute in den Minen. Die Arbeitsbedingungen sind allerdings noch nicht viel besser als früher. Die meisten Mineure sterben innerhalb von 10 bis 15 Jahren nachdem sie in den Minen begonnen haben zu arbeiten an der "Staublungenkrankheit". (Bild 15: Minenhügel 'Cerro Rico' in Potosí durch das Tor 'Arco de Cobija' fotografiert)

In "Potosí" quartierten wir uns im Hotel "Koala Den" ein, welches von einem Ex-Mineur betrieben wird. Er machte in den Minen einen glücklichen Fund, so dass er sich das Hotel kaufen konnte. Zusammen mit seinen Ex-Kummpels führt er jetzt das Hotel und eine Tour-Agentur, welche Touren in die Minen anbietet. Zum Nachtessen gönnten wir uns ein feines chinesisches Essen. Leider fanden wir dann später in einer Bar heraus, dass eine 1-Liter-Flasche Vodka weniger kostete, als eine 0.7-Liter-Flasche in der Schweiz in einem Supermarkt.

Am Sonntag stellte sich dann heraus, dass es nicht unbedingt die beste Idee gewesen war, auf über 4'000 M.ü.M. zwei dieser Flaschen zu leeren. Da am Sonntag die Minen aber eh geschlossen waren, konnten wir es uns leisten, ein wenig länger im Bett zu bleiben... ;-) Aber am Nachmittag schaffte ich es dann doch noch einen kleinen Stadtrundgang zu machen. Per Zufall traff ich auf einen Umzug mit verschiedenen Musikvereinen. Ich hätte es den Bolivianerinnen gar nicht zugetraut, dass sie so hohe Stiefel und so kurze Röcke tragen könnten... ;-) (Bild 16: Musikparade in Potosí)

Ich bin jetzt seit einer Woche in "Bolivien". Mir gefallen die Leute hier sehr gut. Viele sind sehr arm, aber sie haben alle einen ganz speziellen Humor. Man könnte fast geneigt sein, "Bolivien" das "England" von "Südamerika" zu nennen. Auch die Frauen mit ihren farbenfrohen Umhängen und den Hüten auf dem Kopf geben ein schönes Bild ab. Allerdings sind die Frauen sehr kamerascheu. Sobald man mit einer Kamera auftaucht, drehen sie sich entweder ab, oder sie beginnen laut zu fluchen, und sagen einem, dass man ja kein Foto von ihnen machen darf. Eine Unsitte, die mir hier in "Bolivien" aufgefallen ist, ist die Musik. Hier scheint alles "in" zu sein, was in Europa in den 80er "in" war. "Modern Talking" ist z.B. in Bolivien ganz gross im Rennen. An meinem ersten Tag in "Bolivien" hörte ich an drei verschiedenen Orten das Lied "Cherry, Cherry Lady"... :-( Wie auch immer, ich bin auf jeden Fall auf die nächsten Wochen in Bolivien gespannt.

Don't forget to check out "Andy's Movies"...