Montag, 22. Mai 2006

Wochenbericht 024 (15.05.06 bis 21.05.06)

Am Montag wollte ich den archeologischen Fundort "Tiwanaku" besichtigen. Leider waren alle meine vier temporären Reisegefährten ziemliche Kulturbanausen, so dass ich mich alleine auf den Weg machte. Gegen 10:00 fuhr ich mit einem Taxi in die Nähe des Friedhofes von "La Paz", von wo Mini-Busse nach "Tiwanaku" fahren sollten. Als ich dem Taxi-Fahrer sagte, wohin ich wollte, verdrehte er die Augen. Er gab mir noch den Tipp, dass ich ja nicht in einen falschen Bus bzw. in ein falsches Taxi einsteigen sollte (siehe auch Link 1 und 2), und wünschte mir dann viel Glück, als ich aus dem Taxi ausstieg. Naja, die Gegend war nicht gerade die Feinste, und ich war weit und breit wieder einmal der einzige Ausländer. Aber so schlimm, wie es mein Taxi-Fahrer geschildert hatte, war es dann auch wieder nicht. Auf jeden Fall, schon bald darauf fand ich meinen Mini-Bus nach "Tiwanaku". Er sollte schon 20 Minuten später losfahren. Und tatsächlich fuhr er auch 20 Minuten später los. Allerdings war ich zu diesem Zeitpunkt noch der einzige Passagier. Das bedeutete natürlich, dass nun solange Passagiere gesucht werden mussten, bis der letzte Platz besetzt war. Wir fuhren durch halb "La Paz" und wurden längere Zeit von einem Demonstrationsumzug aufgehalten, bis wir dann zwei Stunden später - natürlich total überfüllt - endlich Richtung "Tiwanaku" losfuhren. Nach 75 Minuten stand ich dann vor dem Eingang zu dem archeologischen Inka-Fundort von "Tiwanaku". Leider war die Besichtigung die lange Anfahrt und den unverschämten Eintrittspreis von US$ 10.00 überhaupt nicht wert. Die Ruinen waren grösstenteils gar nicht bzw. sehr schlecht aufbereitet worden. Von den bedeuteten Fundstücken (z.B. Statuen) waren nur sehr schlechte Replikas aufgestellt. Naja, die Besichtigung war dann halt ziemlich schnell abgespult. Die Rückfahrt nach "La Paz" dauerte nur halb so lange wie die Hinfahrt, da die Passagiere dieses Mal unterwegs aufgelesen wurden. (Bild 1: Mauer mit Inka-Bildnis in Tiwanaku / Bild 2: Puerto de la Luna in Tiwanaku)

Am Dienstag stand wieder einmal etwas Besonderes auf dem Programm. Wir hatten eine Mountain-Bike-Tour bei "Gravity Assisted Mountain Biking" gebucht, um "the most dangerous road of the world" hinunter zu fahren. Die Strasse liegt zwischen "La Paz" und "Coroico". Sie führt von der Passhöhe "La Cumbre" (4'750 M.ü.M.) nach "Yolosa" (1'100 M.ü.M.), also über 3'600 Meter Höhendifferenz. Den Namen "gefährlichste Strasse der Welt" hat sie sich eingehandelt, weil statistisch gesehen auf dieser Strasse am meisten Menschen ums Leben kommen, ca. 100 pro Jahr. Die hohe Anzahl an Todesopfern ist damit zu erklären, dass es auf der einen Seite der komplett ungesicherten und engen Schotterstrasse z.T. 400 bis 500 Meter senkrecht hinunter geht, und somit die Überlebenschancen bei einem Unfall, bei welchem oft eines der involvierten Fahrzeuge (manchmal auch Busse mit 30 Passagieren) mehrere hundert Meter tief ins Tal stürzt, relativ gering sind. Touristen sind leider auch schon beim diesem "Moutain Bike Downhill Trip" ums Leben gekommen. (Bild 3: The most dangerous Road of the world)

Die Tour-Agentur, mit welcher wir den Ausflug machten, "Gravity Assisted Mountain Biking", bietet diese Tour in "La Paz" schon am längsten an, und hat betreffend Sicherheit der vermieteten Moutain Bikes den besten Ruf. Wir erhielten alle ein relativ neues, gut gewartetes "Kona"-Mountain Bike mit Vorderradfederung und Scheibenbremsen sowohl vorne als auch hinten. Der Nachteil des guten Rufes der Tour-Agentur war, dass viele Touristen mit dieser den Ausflug gebucht hatten. Es waren über 40 Touristen :-(, welche aber zum guten Glück in verschiedene Gruppen aufgeteilt wurden. (Bild 4: Andy in "staubfester" Montur)

Über die Abfahrt gibt es nicht so viel zu sagen. Die erste Stunde der fünfstündigen und 80 km langen Abfahrt, führte über eine asphaltierte Strasse. Der Rest war dann eine staubige, unebene Schotterstrasse. Oft mussten wir absteigen, weil die Strasse zu eng war, um einen Lastwagen bzw. einen Bus gleichzeitig mit einem Mountain Bike passieren lassen zu können.

Gegen 15:30 kamen wir dann in "Yolosa" an, wo ein frisches Bier und ein T-Shirt auf uns wartete. Danach wurden wir mit dem Tour-Bus zum höher gelegenen "Coroico" (ca. 1'500 M.ü.M) gefahren, wo wir im "Hotel Esmeralda" mit einer Dousche und einem Buffet-Abendessen verwöhnt wurden. Danach hiess es dann leider schon bald wieder, die Rückfahrt mit dem Tour-Bus nach "La Paz" anzutreten. Mein Giudebook sagt über die "gefährlichste Strasse der Welt": "Travelling at night is a death wish". Naja, da wir ja nicht mit den öffentlichen Transportmitteln unterwegs waren, sondern mit einem einheimischen Busfahrer, welcher diese Strasse schon seit 31 Jahren befährt, und sie entsprechend wie seine Westentasche kennt, war die Rückfahrt kein Problem.

Am Mittwochmorgen um 07:00 verabschiedete ich mich von meinen vier temporären Reisegefährten und fuhr nach "Copacabana" (3'800 M.ü.M.), einem kleinen Örtchen am "Titikaka-See". "Copacabana" ist ein Wallfahrtsort, weil in der grossen Kathedrale von "Copacabana" die bedeutenste Heiligenfigur ("La Virgen de la Candelaria") von "Bolivien" aufbewahrt wird. Der bekannte "Copacabana"-Strand in "Rio de Janeiro" wurde übrigens nach diesem Ort benannt. Ausser die Kirche anzuschauen, den Sonnenuntergang vom nahe gelegenen Hügel "Cerro Calvario" aus zu betrachten und in einem der vielen Gringo-Restaurants ein gutes Abendessen zu geniessen, gibt es in "Copacabana" nicht so viel zu tun. Ich bereite deshalb einen Ausflug zur "Isla del Sol" vor, zu welchem mich Raphael wieder treffen wollte. (Bild 5: Kathedrale von Copacabana / Bild 6: Aussicht vom Cerro Calvario auf Copacabana)

"Isla del Sol" spielt eine zentrale Rolle in der "Inka"-Mythologie. Es wird geglaubt, dass die Sonne und die ersten Inkas auf dieser Insel entstanden sind. Am Donnerstag fuhr ich mit Raphael mit einem Boot in den Süden dieser Insel. Wir liefen bis kurz vor dem Eindunkeln Richtung Norden der Insel. In der Bucht "Bahia Cha'lla" fanden wir eine kleine Herberge ("Hostal Inkasamaña"), welche einer auf der Insel ansässigen "Aymara"-Familie gehörte. Trotz einfachsten Verhältnissen wurden wir herzlich willkommen geheissen und bestens mit einem einfachen Abendessen bekocht. Nachts wurde ich dann noch zu einem Fest in der nahegelegenen Schule eingeladen. Die Schule hatte etwa 20 Lehrer aus dem Ort "Coroico" zu Besuch erhalten. Dies musste natürlich gefeiert werden. Alle sassen um ein riesiges Feuer und zwei Männer liefen mit je einem Kessel und einem Becher in den Händen im Kreis herum, und schenkten jedem im Kreis aus dem Kessel ein paar Schlucke eines heissen, alkoholischen Getränkes in den Becher. Ich sass strategisch nicht gerade am besten Ort, denn die zwei kreuzten sich immer bei mir, so dass ich jeweils gerade zwei Becher hinter einander trinken musste/durfte... ;-) Mit zunehmendem Alkoholpegel wurde die Bemühungen von ein paar Lehrern immer intensiver, mich mit einer ledigen Lehrerin zu verkuppeln. Da sie aber nicht so ganz mein Typ war, machte ich mich auf den stockdunkeln Heimweg. (Bild 7: ein Teil unserer Gastfamilie auf der Isla del Sol; sie sieht aus wie 15, ist aber 34 und hat fünf Kinder / Bild 8: Inka-Weg auf Isla del Sol)

Am Freitag machten wir uns dann früh auf den Weg, um ganz im Norden der Insel den heiligen Inka-Stein ("La Piedra del Puma") und die Ruinen eines Inka-Tempels ("Palacio del Inca" bzw. "El Laberinto") zu besichtigten. Danach gingen wir zum Dörfchen "Cha'llapampa" zurück, wo wir zuvor auf dem Weg in den Norden mit einem Bootsführer schon die Rückfahrt ans Festland ausgehandelt hatten. Er hatte ein kleines Depot (CHF 3.50) verlangt. Dieses hatte er in der Zwischenzeit wahrscheinlich in Bier investiert. Denn, als wir um 11:00 wieder bei ihm auf dem Boot ankamen, sass er mit zwei Kumpels ziemlich betrunken in seinem Boot. Naja, uns war's egal, denn das Boot fuhr so langsam, dass nichts passieren konnte. Eine Stunde später kamen wir dann auf dem Festland bei "Yampupata" an. Von dort liefen wir dann in knapp vier Stunden nach "Copacabana" zurück. Dies war eine schöne Wanderung durch eine schöne Landschaft entlang des "Titikaka-See" und durch zahlreiche kleine Dörfchen. (Bild 9: Inka-Ruinen El Laberinto auf Isla del Sol / Bild 10: Acker-Terassen auf Isla del Sol / Bild 11: Raphael und Andy auf der Überfahrt von der Isla del Sol nach Yampupata)

Am Samstag stand dann die Reise nach "Cusco" in "Peru" auf dem Programm. Der Grenzübergang bei "Kasani" ("Bolivien") und "Yunguyo" ("Peru"), war einer der angenehmsten, welchen ich bis jetzt in Südamerika erlebt hatte. Danach fuhren wir nach "Puno". "Puno" ist vorwiegend für die nahegelegenen "schwimmenden Inseln (Islas Flotantes)" der "Uro"-Leute bekannt. Ich hatte gehört und gelesen, dass ein Besuch bei den "Uros" sehr kommerziell aufgezogen sei. Weil ich die "Islas Flotantes" aber trotzdem sehen und dabei aber nicht viel Zeit verlieren wollte, entschied ich mich, diesen Besuch auf die übelste Touri-Art durchzuführen. Wir kamen um 15:00 in "Puno" an. Weil Raphael danach nach "Lima" weiter musste, entschied er sich, eine Nacht in "Puno" zu bleiben, so dass sich unsere Wege hier trennten. Bei mir ging es direkt mit einer organisierten Tour weiter zu den "Islas Flotantes". Wie vermutet, war alles für die Touristenbesuch vorbereitet gewesen, und von Authenzität war leider keine Spur vorhanden. Trotzdem war es aber irgendwie eindrücklich, auf diesen 2.5 Meter dicken, aus Schilff hergestellten Inseln herumzulaufen. Nach dem Besuch ging es dann direkt wieder zurück zum Bus-Terminal, von wo mein Bus nach "Cusco" um 20:00 losfuhr. Dies war eine meiner schlimmsten Nachtbusfahrten, welche ich bis jetzt hinter mich gebracht hatte. Extrem unbequeme Sitze, unzählige Stopps in jedem Kaff, stinkende Passagiere und eine extreme Kälte. Zu alle dem kamen wir dann noch um 04:00 in "Cusco" an, so dass ich zuerst einmal 2.5 h im Bus-Terminal warten musste, bis ich mich auf den Weg zum Hotel suchen machen konnte. (Bild 12: Eine Uro-Frau vor ihrer Hütte / Bild 13: Unterwegs mit einem Schilfboot der Uros)

Den Sonntag verbrachte ich dann grösstenteils im Bett, um mich von den Strapazen der Busfahrt zu erholen. Über die faszinierende Stadt "Cusco" und seine Umgebung könnt ihr dann im nächsten Wochenbericht lesen.

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