Donnerstag, 14. Dezember 2006

Bericht 055 (09.12.06 bis 14.12.06)

Der Link zum aktuellen Foto-Set: Mindanao

Am Samstagabend um 20:00 fand ich mich in "Tagbilaran" beim Hafen ein. Bevor ich allerdings das Schiff besteigen konnte, wurde ich einer "strengen" Waffen- und Bombenkontrolle unterzogen. Die Waffenkontrolle bestand darin, dass mich der Sicherheitsbeamte einfach durchwinkte. Er schien offensichtlich vollstes Vertrauen in mich zu haben, denn ich hatte mich am Nachmittag, als ich mich am Hafen wegen den Wetterbedingungen und Fährverbindungen erkundigt hatte, länger mit ihm unterhalten. Die Bombenkontrolle bestand dann darin, dass ein Hund kurz an meinem Handgebäck schnüffelte. Das war es dann aber auch schon. Mein grosser Rucksack war nicht von Interesse. Naja, immerhin sollte die Fähre von "Bohol" nach "Mindanao" fahren, und "Mindanao" ist das Zuhause von militanten, moslemischen Terrororganisationen wie z.B. "Abu Sayyaf". Da wäre mir eine etwas weniger lasche Kontrolle dieses Mal fast lieber gewesen.

Wie auch immer, die riesige Fähre "Princesse of the Ocean" von "Sulpicio Lines, Inc." machte einen ziemlich vertrauenserweckenden Eindruck. Diese Schiff würde auch einen grösseren Wellengang aushalten. Auf dem Schiff gab es keine Sitze, sondern nur Betten. Und zwar waren diese Betten in riesigen Massenlagern mit Doppelstockbetten untergebracht. Die Matrazen waren aus Schaumstoff, welcher von einem hässlichen, brauen Plastik umhüllt war. Das lud einem so richtig ein hier eine Nacht zu verbringen. Wie auch immer, die Fahrt verlief abgesehen von der Tatsache, dass die hässlichen, hellen Neonröhren die ganze Nacht nicht ausgeschaltet wurden, problemlos. Ausser dass mir kurzfristig einmal ein bisschen ungut zumute war, als ich sah, dass die Schnarchnase im Bett unter mir eine Kanone im Hosenbund stecken hatte. Naja, nicht sonderlich überraschend bei den oben beschriebenen Sicherheitskontrollen... :-(

Am nächsten Morgen erreichten ich "Cagayan de Oro" schon um 05:00. Ich wartete auf dem Schiff noch den Sonnenaufgang ab und machte mich anschliessend dann direkt auf den Weg zum Bus-Terminal. Ich hatte Glück, denn der nächste Bus nach "Balingoan" fuhr schon fünf Minuten später. Kaum war ich in diesem kleinen Örtchen angekommen, hörte ich schon das Horn der Fähre. Kurz bevor die Fährrampe hochgezogen wurde, schaffte ich es gerade noch aufzuspringen. Eine Stunde später war ich dann auf der Insel "Camiguin". Im Norden der Insel im Ort "Bug-Ong" quartierte ich mich mich im Gasthaus "Jasmin by the sea" ein. Schnell wurde mir bewusst, was dies für eine Insel war. Eine Aussteiger-Insel. Und mein Gasthaus, oder besser gesagt die Bar meines Gasthauses, schien einer der Orte zu sein, wo diese Typen sich schon frühmorgens bevorzugt einen hinter die Binden gossen.

Von diesen Aussteigern hat man in "Europa" ein ziemlich idealisiertes Bild. Abenteurer, Lebenskünstler, sie haben die richtige Entscheidung getroffen, schönes Leben, etc. Naja, meinem Bild entspricht dies definitiv nicht mehr. Ich hatte auf meiner bisherigen Reise unzählige dieser sog. Aussteiger kennengelernt. Bei mind. 90% von diesen vorwiegend männlichen Aussteigern war ich jeweils schon nach wenigen Minuten froh, wenn das Gespräch wieder beendet war, denn die meisten sind nicht gerade die hellsten auf der Platte. Viele konnten sich auf irgend eine Weise ein bisschen Geld auf die Seite legen. Andere wurden schon mit 40 pensioniert, weil sie z.B. aus einem Militärdienst oder ähnlichem ausgeschieden sind. Vielen ist gemein, dass sie schon Alkoholiker waren als sie ausstiegen, bzw. zu dem in ihrem Auslandexil wurden. Blutjunge Frauen an der Seite dieser Aussteiger gehören natürlich dazu wie der Lollipop zu Cojak. Diejenigen, die mit einem grösseren Sparbetrag an ihrem Aussteigerziel ankommen, werden von den Einheimischen oft gnadenlos ausgesaugt. Oft ist dann schon nach zwei, drei Jahren nicht mehr viel von den Ersparnissen übrig. Wenn dann nicht noch eine kleine Pension vorhanden ist, führen diese Leute ein ziemlich erbärmliches Leben, denn weder die Einheimischen noch die anderen Ausländer wollen weiter irgend etwas mit dieser Person zu tun haben, sie hat ja schliesslich auch kein Geld mehr. Ausgebrannt kehren dann viele in ihre Heimatländern, wo sie entweder den Angehörigen oder dem Sozialstaat zur Last fallen, zurück. Die beste Story hörte ich aber von einer philippinischen Witwe, welche mit einem Schweizer verheiratet war. Nach zwei Jahren Ehe (sie hat ihn nach eigenen Aussagen nie geliebt) und einem Kind verstirbt der Schweizer an Krebs. Die hinterlassene "Witwe" (27-jährig zu diesem Zeitpunkt) und das halbwaise Mädchen erhalten nun von der Schweizer "AHV" eine Witwen- und Halbwaisenrente in Höhe von CHF 2'250 pro Monat. Ein riesiges Einkommen hier auf den "Philippinen", dass normalerweise ein hoher Beamter oder Manager mit grosser Verantwortungsbereich verdient. Sie lacht sich natürlich ins Fäustchen, und ich frage mich nicht mehr, wieso u.a. die "AHV" in einer Finanzierungskrise steckt.

Ich möchte hier schon noch erwähnen, dass man klar zwischen "Aussteigern" und "Neuänfängern" unterscheiden muss. Viele (jung und alt) starten oft auf ziemlich clevere Art und Weise eine neue Existenz in einem exotischen Land.

Gut, zurück zu meiner Geschichte. Ich mietete mir an diesem Samstagnachmittag ein Motorrad, und fuhr die 64 km rund um die Insel einmal ab. Dabei machte ich verschiedene Stopps bei Wässerfällen, heissen und kalten Quellen und in kleinen Dörfchen. War wirklich faszinierend dieses tropische Inselleben ein bisschen zu erforschen. Gegen Abend fuhr ich per Zufall an einem "Cock Fighting Ring", der Nationalsport der Filipinos, vorbei. War ebenfalls ziemlich faszinierend die Atmosphäre zu beobachten, den Kampf selber fand ich nicht so berauschend.

Am Sonntag liess ich mich auf eine kleine, weisse Sandinsel mit dem selbstsprechenden Namen "White Island" fahren, wo es nur weissen Sand und Munscheln gab. Ausser ein paar philippinischen Touristen, welche aber schon bald wieder abzogen, hatte ich eine ganze Insel mit dem sie umgebenden türkisblauen Wasser ganz für mich alleine. Baden, mich sonnen und ein Buch lesen war alles, was ich an diesem Tag tat.

Am nächsten Tag wollte ich zur Insel "Siargao" weiterreisen. Das es eine lange Reise werden würde, war mir bewusst. Was dann aber folgte, hatte ich wirklich nicht erwartet. Ich kam einfach nicht vorwärts. Und ausserdem erzählte mir ein Sitznachbar um 14:00, dass ich an diesem Tag gar nicht mehr mein Ziel erreichen konnte, weil die letzte Fähre von "Surigao" nach "Siargao" schon um 12:00 abgefahren war. Das war ja super. Dies hiess, dass ich eine Nacht in "Surigao" verbringen musste, wo ich dann um 17:30 ankam. Diese Stadt war wieder eine dieser vielen oberhässlichen, philippinischen Städte, wo es überhaupt nichts zu sehen gab. Nicht einmal ein halbwegs anständiges Gasthaus konnte ich finden.

Mir wurde gesagt, dass die erste Schiffsverbindung zur Insel "Siargao" um 06:00 wäre. Als ich dann um 05:30 das Schiff zu Gesicht bekam, war ich nicht gerade sonderlich erbaut. Es war ein schmalles, längliches Schiff, dass auf beiden Seiten sog. Stützflügen hat, damit es nich kippen kann. Alle Plätze waren schon besetzt, so dass ich auf dem Dach Platz nehmen musste. Nach drei Stunden hatte ich die Fahrt überstanden. Allerdings war ich auf der falschen Seite der Insel angekommen, so dass ich mich zuerst noch zwei weitere Stunden über hunderte von Schlaglöchern fahren lassen musste, bis ich "General Luna (GL)", meinen Zielort, erreichte. "GL" ist ein bekannter Surfer-Ort. Im September und Oktober hat es hier hohe Wellen, und es findet beim Resort "Cloud 9" der "Siargao International Surfing Cup" der Frauen statt. Als ich ankam, war allerdings Tiefsaison, und ich sah den ganzen Tag keinen einzigen Touristen. Den restlichen Tag verbrachte ich mit baden und spazieren am weissen Strand.

Irgendwo wurde ich von einer jungen Filipina zu einer riesigen Kokosnuss eingeladen. Als wir uns auf einer Palme sitzend ein wenig unterhielten, kam plötzlich ein kleines Fischerboot mit zwei jungen Fischern in der Nähe von uns an Land. Einer der Jungs rannte mit einem riesigen Buschmesser in Hand auf uns los. Meine Gesprächspartnerin fing an zu lachen. Ich wusste allerdings nicht so recht, was ich von der Situation halten sollte. Als er uns erreichte, schlug er auf jeden Fall mit voller Wucht das Buschmesser neben meiner Gesprächspartnerin in die Palme. Danach hatte er ziemliche Mühe, das Buschmesser wieder aus dem Stamm zu ziehen. Aber als er dies geschafft hatte, verschwand er in der nächstgelegenen Bambushütte. Meine Gesprächspartnerin fand es immer noch ziemlich komisch. Sie erklärte mir dann, dass dies ihr Cousin gewesen war, und dass er halt ein kleines Gehirn hätte.

Abends wollte ich einen guten Fisch zum Nachtessen bestellen. Aber das Restaurant hatte alle Fischspeisen von der Karte gestrichen. Nach langem Zögern wurde mir dann erklärt, dass drei Wochen zuvor bei einem Passagierboot, wie ich es am Morgen benutzt hatte, ein Stützflügel gebrochen war, und viele Menschen bei dem Unfall ums Leben gekommen waren. Seitdem essen die Leute der Umgebung für längere Zeit keine grossen Fische mehr, weil sie denken, dass sich diese grossen Fische evtl. an den Vermissten köstlich getan haben könnten. Naja, ich stieg dann halt auf eine Gemüse-Curry um.

Dieser Ort, wo einem jedes Kind mit "Hey Dude" oder "Hey Joe" begrüsst, war zwar schön, aber es war so nichts los, dass ich mich entschied, schon am nächsten Tag weiter zu reisen. Dummerweise war die Nachmittagsfähre wegen Motorschaden für mehrere Tage ausser Gefecht gesetzt, so dass nur noch die 06:00-Fähre zurück nach "Surigao" übrig blieb... :-( Und in "Surigao" war die Fähre zurück nach "Cebu" erst um 19:00. Noch einmal in diesem hässlichen "Surigao". Dafür erhaltet ihr jetzt aber einen neuen Bericht... ;-) Damit ist mein kurze Abstecher nach "Mindanao" auch schon wieder abgeschlossen. Der nächste Bericht dann wieder von "Cebu"...