Dienstag, 29. Mai 2007

Bericht 072 (16.05.07 bis 23.05.07)

Links zu den aktuellen Foto-Sets:

Am Mittwochmorgen schon um 06:00 begann meine Reise von "Chengdu" nach "Tibet" (siehe auch "TAR"). Ich wurde von einem Fahrer in meinem Gasthaus abgeholt. Nachdem dieser in ganz "Chengdu" drei weitere Touristen zusammengesucht hatte, fuhren wir zum Flughafen, wo wir einem sogenannten "Guide" vorgestellt wurden. Dieser hatte die "Travel Permit" für "Tibet", auf welche ich drei Tage gewartet und 500 Yuan (ca. US$ 66.60) bezahlt hatte. Er hatte zudem die Aufgabe uns durch den Flughafen zu schleusen, und am richtigen Ort die richtigen Papiere zu zeigen. Er führte uns direkt zum Sicherheitscheck. Erst als ich ihn allerdings darauf aufmerksam machte, dass man normalerweise zuerst bei der Fluggesellschaft einchecken muss, bemerkte er seinen Irrtum und führte uns zur Checkin-Halle. Er stellte uns vor den Checkin-Schalter Nummer 33, obwohl an der Anzeigetafel gross geschrieben stand, dass der Checkin für den "Lhasa"-Flug am Schalter 19 war. Der "Guide" war komplett nutzlos. Aber er schaffte es dann immerhin im richtigen Augenblick die "Travel Permit" vorzuzeigen, so dass wir alle vier erfolgreich einchecken und anchliessend auch den Sicherheitscheck passieren konnten. Nachdem uns der Typ wie vereinbart noch eine Kopie der "Travel Permit" übergeben hatte, waren wir ihn zum guten Glück dann wieder los.

Der Flug mit "Air China" nach "Lhasa" verlief problemlos. Alledings blieb mir die legendäre Sicht auf den "Mount Everest" wegen Wolken verwehrt... :-(

Da der Flughafen ca. 50 km ausserhalb von "Lhasa" liegt, mussten wir zuerst eine einstündige Busfahrt antreten. Auf dieser Fahrt bekam man schon zum ersten Mal vor Augen geführt, was die Chinesen mit "Tibet" machten. Dazu aber in einem späteren Bericht mehr.

Ich quartierte mich mit zwei Kanadierinnen, welche ich auf dem Flug kennengelernt hatte, in einem günstigen, vermeindlich tibetischen Gasthaus im alten, tibetischen Quartier ein. Es stellte sich dann allerdings schnell heraus, dass nur das Äussere tibetisch war. Das Management war chinesisch, und es ging mir schon nach kurzer Zeit dermassen auf den Geist (man musste z.B. das 3.5-fache des Zimmerpreises als Depot hinterlegen), dass die Entscheidung für ein Zimmerwechsel am nächsten Tag nicht wirklich schwer fiel.

An diesem Tag machte ich auch meinen ersten Rundgang durch das faszinierende, tibetische Quartier von "Lhasa" und begann mich langsam an die Höhe auf über 3'500 Meter zu gewöhnen.

Am nächsten Tag ging für die zwei Kanadierinnen die Reise schon wieder weiter, und ich wechselte das Gasthaus. Ich liess mich im "Yak Hotel" in einem Dorm einquartieren, in der Hoffnung so evtl. einfacher einen Reisepartner für "Tibet" zu finden. Wie sich dann aber am Abend herausstellte, war ich in einem Zimmer mit lauter Chinesen gelandet. An diesem Tag setzte ich die Erkundung der Altstadt und die Akklimatisierung fort. Gleichzeitig klapperte ich verschiedene Reisebüros ab und heftete Suchaufrufe für Reisepartner an diverse schwarze Bretter.

Die Interaktion mit den verschiedenen Reisebüros war wieder einmal eine Erfahrung für sich. Allen tibetischen Reisebüros ist gemein, dass sie praktisch ausschliesslich Reseller von Dienstleistungen des behördlichen Reisebüros F.I.T. sind und dem Touristen relativ wenig Interesse und Freundlichkeit entgegen bringt. Bei chinesisch geführten Reisebüros war die Unfreundlichkeit noch frappanter als bei den tibetischen. Auch schnell klar wurde, dass jegliche Art von Touren im Vergleich zum Preisniveau des Landes extrem teuer werden würden.

Am nächsten Tag besichtigte ich die Tempelanlage "Jokhang", die wichtigste, buddhistische Tempelanlage in "Tibet". Die Anlage war sehr interessant und schön. Ziemlich nervtötend war allerdings, dass man, nachdem man heftige US$ 10.00 (70 Yuan) Eintritt bezahlt hatte, für jede Kapelle (und es gibt sehr viele Kapellen in der "Jokhang"), in der man fotografieren wollte, zusätzliche, je nach Wichtigkeit der Kapelle, 10 bis 50 Yuan hätte bezahlen müssen... :-(

An diesem Tag traf ich auch den Norweger Sjoerd. Er wollte ebenfalls die fünfftägige Trekking-Tour von "Ganden" nach "Samye" machen. Wir entschieden uns, den Trek ohne offizielle "Permits" und Führer gemeinsam zu unternehmen, denn ich hatte erfahren, wo und wie man die chinesischen Checkpoints umgehen konnte. Wir wollten nur einen Yak-Treiber mit Yak engagieren, um erstens einen Teil unseres Gepäcks tragen zu lassen, und zweitens nicht ganz in den Bergen verloren zu sein. Zwei Tage später, am Sonntag, sollte es losgehen.

Am Samstag erfuhr ich, dass Sjoerd mit hohem Fieber erkrankt war. Und es sah so aus, als würde er nicht so schnell wieder fit genug sein, um auf 4'000 bis 5'000 M.ü.M. fünf Tage lang trekken gehen zu können. Dieser Trek fiel deshalb ins Wasser... :-(

Ich besuchte an diesem Tag die faszinierende "Potala", den verlassenen Palast des "Dalai Lama". Ich hatte aber auch viel Zeit, um mir Gedanken über meine weiteren Reisepläne zu machen. Per Zufall sah ich eine Anzeige von zwei Belgiern an einem schwarzen Brett, welche für eine fünftägige 4WD-Tour von "Lhasa" nach "Kathmandu" in "Nepal" noch Reisepartner suchten. Schweren Herzens traf ich ein paar wichtige Entscheidungen und nahm mit den beiden Kontakt auf. Wir verabredeten uns noch für den gleichen Abend.

Das belgische Pärchen, Kathrin (29) unter Peter (35), war mir auf anhin sympathisch, und wir verabredeten beim Abendessen in meinem unterdessen zum Lieblingsrestaurant aversierten "Pentoc Tibetan Restaurant", dass wir zusammen am 24. Mai auf diese fünftägige 4WD-Tour bis zur nepalesischen Grenze (entlang des sog. tibetisch, nepalesischen "Friendship Highway") fahren würden. Wir buchten bei einem der wenigen Reisebüros, wo man einigermassen anständig bedient wurde, und wo wir ein halbwegs gutes Gefühl hatten. Für einen "Land Cruiser", den Fahrer, einen Guide und die nötigen "Permits" mussten wir pro Tag und pro Person über US$ 50.00 hinblättern. Und es konnte uns dabei nicht einmal garantiert werden, dass wir auch einen englischsprechenden Guide und/oder Fahrer erhalten würden. Den Guide musste man wegen den idiotischen, chinesischen Reiseregulierungen dabei haben. Da in diesem Preis weder Unterkunft, Essen und Eintrittspreise für die Sehenswürdigkeiten entlang des Weges inbegriffen waren, sollten diese fünf Tage zu den mitunter teuersten Tagen meiner Reise werden.

Bis zum 24. Mai blieb mir noch ein bisschen Zeit, die Umgebung von "Lhasa" zu erkunden. Am Sonntag besichtigte ich die zwei tibetischen Klöster "Drepung" und "Dechung". Am Montag war dann das Kloster "Sera" an der Reihe. Diese drei Klöster lagen alle in der näheren Umgebung von "Lhasa".

Am Dienstag besuchte ich das 65 km entfernte Kloster "Ganden". Um 06:30 sollte ein öffentlicher Bus nach "Ganden" fahren. Ich war um 06:15 einer der letzten Passagiere, der in den Bus einstiegen. Irgendwie war in dem Bus aber ein dauerndes Ein- und Aussteigen, sodass ich dann doch noch einen Platz in der hintersten Reihe fand. Es waren sieben Touristen im Bus. Als der Motor schon angelassen war, lief der Fahrer plötzlich durch den Bus, zeigte auf zwei Touristenpärchen und deutete ihnen an, dass sie auszusteigen hätten. Es gab ein paar unschöne Szenen, aber sie mussten den Bus verlassen. Als die frei gewordenen Plätze mit Chinesen :-( neu besetzt waren, fuhr der Bus los.

All diese Klöster sind sehr interessant und schön. Am faszinierendsten ist aber die Mönche und die zahlreichen Pilger in diesen Klöstern zu beobachten. Dies ist die eine Seite. Auf der anderen Seite sind die, wie weiter oben schon erwähnt, im Verhältniss zum lokalen Preisniveau exorbitanten Eintrittspreise und Kamera-Erlaubnisse. 70 Yuan (ca. US$ 10.00) Eintrittspreis, 125 Yuan (ca. US$ 16.50) für die Foto- bzw. 1'500 Yuan (ca. US$ 200.00) für die Video-Kamera-Erlaubnis pro Kapelle sind mehr oder weniger an der Tagesordnung. Tibetische Klöster sind zwar ziemlich Geld-orientiert. Überall sieht man Mönche vor riesigen Häufen von Geldscheinen sitzen, um das von den Pilgern gespendete Kleingeld zu ordnen und zu bündeln. Dass allerdings die Klöster an den hohen Eintritts- und Kamera-Erlaubnispreisen gross verdienen, glaube ich nicht. Ich vermute dahinter mehr eine ganz gezielte, chinesische Zensurierungspolitik und/oder Geldbeschaffungsquelle.

Naja, ein paar Fotos von diesen Kapellen habe ich trotzdem. Denn manchmal war einfach niemand in den Kapellen um zu kontrollieren, oder man man bekam von einem freundlichen Mönch die Erlaubnis gratis zwei, drei Schnappschüsse zu machen.

Nach all diesen Klosterbesuchen hatte ich eine kleine Überdosis an tibetischem Buddhismus. Ich hatte deshalb eine touristische Minibus-Tour zum "Namtso See", dem höchstelegenen Salzwassersee (ca. 4'700 M.ü.M.) der Welt, gebucht. Als ich die Tour buchte, hatte mir leider niemand gesagt, dass chinesische Wegelagerer (sprich die chinesische Tibet-Verwaltung) happige US$ 11.00 Zutrittpreis verlangten, um den See berachten zu dürfen. Ungeheuerlich. Mir ist nicht bekannt, dass Touristen in der "Schweiz" auch nur einen einzigen Rappen bezahlen müssten, um alle unsere wunderschönen Seen betrachten zu dürfen. Wir sollten solche Zutrittspreise für Chinesen aber definitiv auch einführen. Aber abgesehen davon war der dunkelblaue See mit den gespiegelten weissen Wolken und den schneebedeckten Bergen im Hintergrund wirklich sehr schön zu betrachten.

Auf dem Weg zum "Namtso See" bekam ich zu zum ersten Mal zu spüren, wie es wirklich ist, in "Tibet" zu reisen. Unser Minibus-Fahrer musste auf den ca. 200 km bis zum See fünf Mal an verschiedenen, chinesischen Checkpoints anhalten und verschiedene "Permits" und sonstige Papiere vorweisen... :-(

Diejenigen, welche regelmässig meinen Blog lesen und meine Reiseroute studieren, werden sich vielleicht gefragt haben, weshalb ich von "Tibet" nach "Nepal" weiterreise, und nicht wie geplant nach "Kasachstan". Es ist noch nicht so lange her, als ich in einem Posting geschrieben hatte, dass ich noch nicht reisemüde wäre. Ich musste mir unterdessen aber eingestehen, dass gewisse Abnützungserscheinungen vorhanden sind.

Ich habe mich deshalb entschlossen meine Reise etwas abzukürzen. Die Reisepläne sehen jetzt wie folgt aus:

  • "Tibet" (noch 1 Woche)
  • "Nepal" (2 bis 3 Wochen)
  • "Indien" (3 bis 4 Wochen, nur ein paar Highlights)
  • "Bangkok" (4 Wochen)

Danach stehen drei Optionen zur Verfügung:

  • nach Hause mit dem Flugzeug
  • nach Hause auf dem Landweg (Stichwort "Transsib")
  • oder eine dritte Option, über welche ich aber vielleicht ein andermal schreiben werde... ;-)